28. Mai 2019
SPIEGEL-Verlag wird Bildveröffentlichung wegen Prangerwirkung für die in der Öffentlichkeit zuvor unbekannte Klägerin untersagt

OBERLANDESGERICHT KÖLN / Az. 15 U 132/18 / Urteil vom 21.02.2019

 

In dem Rechtsstreit

 

Klägerin und Berufungsklägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte CSP, Weststraße 33, 40597 Düsseldorf -

gegen

Spiegel-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG, vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin, diese wiederum vertreten durch die Geschäftsführung, Ericusspitze 1, 20457 Hamburg,

Beklagte und Berufungsbeklagte,

- Prozessbevollmächtigte:....-

 

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln

auf die mündliche Verhandlung vom 24.01.2019

durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Reske, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Onderka und den Richter am Oberlandesgericht Dötsch

für Recht erkannt:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichtes Köln vom 04.07.2018 – 28 O 314/17 – abgeändert und

1. die Beklagte verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft insgesamt 2 Jahre nicht übersteigen darf und an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist, zu unterlassen, das nachstehend wiedergegebene Bildnis der Klägerin zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, wie geschehen in dem Artikel „L.“ auf Seite ... des Magazins SPIEGEL vom ..., Ausgabe Nr. ...;

2. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 887,03 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.09.2017 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wegen der Unterlassungsverpflichtung zu I.1 des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von10.000 EUR.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen

 

Gründe:

 

I.

Die Klägerin begehrt Unterlassung sowie Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten wegen der Veröffentlichung einer sie zeigenden Fotografie in der von der Beklagten herausgegebenen Zeitschrift „Der Spiegel“, und dort in dem Beitrag „L.“ in der Ausgabe vom …, wegen dessen Einzelheiten auf Anlage K 1 (Bl. 1 f. AH) Bezug genommen wird. Der Beitrag befasst sich thematisch mit einem mutmaßlichen Spendenbetrug durch den vor Bundesligastadien sammelnden Verein „K.“ Die Klägerin wird als dessen Vorstandsmitglied (Kassenwartin) im Beitrag namentlich genannt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie wegen der erstinstanzlichen Sachanträge wird Bezug genommen auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung (Bl. 165 ff. d.A.).

Das Landgericht hat mit Urteil vom 04.07.2018 die Klage abgewiesen. Es hat sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass es sich – weswegen es auf die streitige Frage einer Einwilligung der Klägerin nicht ankomme – um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) handele und die Voraussetzungen der Rückausnahme aus § 23 Abs. 2 KUG hier nicht vorlägen. Die Abbildung bebildere die im Beitrag behandelte Spendenproblematik unter Beteiligung einer gemeinnützigen Organisation als Gegenstand des öffentlichen Interesses kontextgerecht. Selbst eine (unterstellt) heimliche Anfertigung der Fotos der Klägerin in der Öffentlichkeit falle bei der Abwägung nicht entscheidend ins Gewicht, zumal die Klägerin nur bei der eigentlichen Spendensammeltätigkeit, zu der sie sich auch selbst in die Öffentlichkeit begeben habe, abgebildet sei und auch dies nicht in abträglicher Weise. Die Tätigkeit der Klägerin sei wegen ihrer Rolle als Kassenwartin des Vereins ihrer Sozial- und nicht ihrer Privatsphäre zuzurechnen. Es gehe, wobei dahinstehen könne, ob dies bei § 23 Abs. 1 oder Abs. 2 KUG zu berücksichtigen wäre, auch nicht um die Illustration einer rechtswidrigen Verdachtsberichterstattung. Zum einen liege eine solche nicht vor, zum anderen würde eine solche den Unterlassungsanspruch wegen der Besonderheiten des Falles wegen des auf die Veröffentlichung des Lichtbilds beschränkten prozessualen Angriffs nicht begründen. Für die Verdachtsberichterstattung sei wegen des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Eine Verdachtsberichterstattung könne daher aufgrund eines zunächst ggf. unzureichenden Mindestmaßes an Beweistatsachen nicht (mehr) untersagt werden, wenn jedenfalls zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung das Mindestmaß gegeben sei. Eine – unterstellt – zu einem früheren Zeitpunkt unzulässig gewesene Verdachtsberichterstattung könne so möglicherweise andere Ansprüche, nicht aber einen Unterlassungsanspruch auslösen, nachdem sie einmal rechtmäßig geworden sei. Unter Berücksichtigung der anerkannten Grundsätze begründe hier die zum Gegenstand der Berichtserstattung gemachte Straftat im Umfeld von Sportgroßereignissen wegen der besonderen Begehungsweise ein erhebliches öffentliches Informationsinteresse. Dies erstrecke sich auch auf die Person der Repräsentanten. Hier liege – zumal die Klägerin und der Verein „mauerten“ - ein Mindestbestand an Beweistatsachen vor. Der Vortrag zur Anzahl der tätigen Spendensammler und zu deren Einnahmen sei nicht ausreichend bestritten und es sei nicht ausreichend Transparenz gepflegt worden (etwa durch ein zumutbaren Öffnen der verplombten Dosen zur Entkräftung der Vorwürfe). Zudem sei davon auszugehen, dass kein Bankguthaben beim Verein vorhanden gewesen sei; die Beklagte habe dies trotz vorliegender Kontounterlagen bestreiten dürfen. Eine Vorverurteilung der Klägerin sei im Beitrag ebenfalls nicht erfolgt und es sei keine Prangerwirkung eingetreten. Auch die weiteren Voraussetzungen der Verdachtsberichterstattung lägen vor. Letztlich bestehe ein Anspruch – unabhängig von den Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Verdachtsberichterstattung – aber schon deswegen nicht, weil die Klägerin weder Unterlassung der Verdachtsberichterstattung noch Unterlassung ihrer (vollen) Namensnennung im Zusammenhang damit, sondern allein Unterlassung der Bildnisveröffentlichung verlange. Ein Anspruch darauf, dass eine identifizierende Verdachtsberichterstattung nicht mit einem Bildnis des Betroffenen illustriert werde, könne sich nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG aber nur aus einer Beeinträchtigung ergeben, die von dem verwendeten Bildnis ausgehe, wenn – wie hier – nicht zugleich auch Unterlassung der Verdachtsberichterstattung oder der Identifizierbarmachung verlangt werde. Die Klägerin bringe nicht maßgeblich dazu vor, weswegen sie zwar die von der identifizierenden Verdachtsberichterstattung ausgehenden Beeinträchtigungen hinnehme, von der Veröffentlichung ihres Bildnisses aber beeinträchtigt sein wolle. Es könne zwar unterstellt werden, dass der Kreis derjenigen Personen, die die Klägerin mit den gegen sie erhobenen Vorwürfen in Verbindung brächten, durch Beistellung eines Bildnisses vergrößert werde, weil es Menschen gebe, die die Klägerin vom Ansehen nicht aber namentlich kennen. Die allein davon ausgehende Beeinträchtigung überwiege das Interesse der Beklagten aber nicht, die Berichtserstattung mit dem Bildnis der Klägerin zu versehen, zumal Einzelheiten zum Umfang der bei der Klägerin eingetretenen Beeinträchtigungen nicht substantiiert vorgebracht seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 165 ff. d.A.).

 

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Das Landgericht habe verkannt, dass ein isoliertes Vorgehen nur gegen eine Bildveröffentlichung bei gleichzeitiger identifizierender Wortberichterstattung nach der Rspr. (u.a. BGH v. 28.10.2008 – VI ZR 307/07, NJW 2009, 757) schon wegen der gesteigerten Intensität des Eingriffs zulässig sei. Bei der rechtlichen Bewertung der Verdachtsberichterstattung habe das Landgericht zu Unrecht nur auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als entscheidungserheblichen Zeitpunkt abgestellt, denn richtigerweise sei – wie in der Rspr. anerkannt (BGH v. 12.04.2016 – VI ZR 505/14, NJW-RR 2017, 31) auf den Veröffentlichungszeitpunkt abzustellen und später allenfalls die Frage der Wiederholungsgefahr zu thematisieren. Bei der Bewertung des Mindestbestandes an Beweisanzeichen habe das Landgericht unter Missachtung des nemo-tenetur-Grundsatzes die Anforderungen an den Parteivortrag der Klägerin überdehnt und insgesamt nur unspezifisch gegen den Verein (und nicht gegen die Klägerin) gerichtete Vorwürfe verwertet. Das könne jedenfalls eine Bildnisveröffentlichung in Zusammenhang mit dem belastenden Strafvorwurf nicht tragen. Die bloße Tatsache der zwischenzeitlichen Einleitung eines Ermittlungsverfahrens genüge für einen Mindestbestand nicht und das Landgericht habe jedenfalls den auf S. 12 des Schriftsatzes vom 22.03.2018 unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag übergangen, dass zum Jahresende 2015 ein Guthaben von ...... EUR auf dem Vereinskonto vorhanden war und der Beklagten die Ermittlungen und Unterlagen des Bundesligavereins vorlagen, so dass es schon deswegen nicht mehr allein auf Spendeneinzahlungen im September/Oktober ankommen könne.

Schon mangels Kenntnis über Zweck, Art und Umfang der geplanten Berichtserstattung liege auch keine ausdrückliche oder konkludente Einwilligung der Klägerin vor bzw. sei jedenfalls wirksam widerrufen worden.

Im Rahmen der Abwägung bei § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG habe das Landgericht Fehler begangen: Die Klägerin als zuvor nicht öffentlich in Erscheinung getretene Privatperson müsse zwar u.U. die Namensnennung als Teil der Sozialsphäre, nicht aber die Veröffentlichung ihres Konterfeis dulden, jedenfalls nicht bei einer Verdachtsberichterstattung zu einem so frühen Zeitpunkt (hier erstmals vor der Strafanzeige) und bei einem allein auf Spekulationen und angebliche Beobachtungen und „Ermittlungen“ der Fans als „Privatermittler“ gestützten Verdacht, zumal sich bei den Fans eine gefährliche „Eigendynamik“ und „Jagdfieber“entwickelt hätten. Deswegen habe die Beklagte nicht ihren journalistischen Sorgfaltsanforderungen genügt, zumal man sich von der Vorsitzenden eines konkurrierenden Spendenvereins habe instrumentalisieren lassen bzw. – was mit der Berufungsbegründung erstmals behauptet wird – die Berichtserstattung nur auf Initiative des Herrn Schild erfolgt sei. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass sich engagierte Personen oft – wie die Klägerin – in mehreren Gruppierungen engagieren, so dass auch dies nicht indiziell gegen sie streite. Bei der Abwägung sei auch zu berücksichtigen, dass eine Bildveröffentlichung schwerer wiege als die Namenswiedergabe, die sich wegen der Vorstandstätigkeit im Verein ohnehin über öffentliche Register hätte ermitteln lassen. Einem unterstellt schützenswerten Berichterstattungsinteresse hätte vorliegend zudem ohne Bildnisverwendung genügt werden können, zumal kein zusätzliches Interesse an dem Äußeren der Klägerin bestehe. Die Rspr. habe im Zusammenhang mit der Bildberichterstattung über Straftäter – bei der neben der Unschuldsvermutung der Ansehensverlust für den Bemakelten selbst für den Fall einer späteren Einstellung des Strafverfahrens zu berücksichtigen sei – der Presse zu Recht besondere Zurückhaltung auferlegt, weswegen bei einer Verdachtsberichterstattung – wie hier – ein qualifiziertes öffentliches Interesse an einer weitergehenden Identifizierung des Betroffenen zu verlangen sei, welches hier fehle. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 210 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

 

das Urteil des Landgerichts Köln vom 04.07.2018 - 28 0 314/17 - aufzuheben und

 

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft insgesamt 2 Jahre nicht übersteigen darf und an ihren gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist, zu unterlassen, das nachstehend wiedergegebene Bildnis der Klägerin zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, wie geschehen in dem Artikel „L.“ auf S., des Magazins SPIEGEL vom ..., Ausgabe Nr....;

 

2.

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 887,03 EUR zzgl. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz liegender Zinsen seit dem 09.09.2017 für vorprozessuale Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Das Landgericht habe nur in einer Hilfserwägung dies jedoch zu Recht - die Möglichkeit eines isolierten Vorgehens allein gegen eine Bildberichterstattung in solchen Fällen ausgeschlossen. Es habe im Kern die streitgegenständliche Veröffentlichung zu Recht als zulässig angesehen, weil eine zulässige identifizierende Verdachtsberichterstattung grundsätzlich auch bebildert werden dürfe, so dass bei einem fehlenden Vorgehen gegen die Wortberichterstattung in der Tat ein isoliertes Vorgehen nur gegen die Bildnisverwendung nicht nachvollziehbar sei. Das Landgericht habe bei der Frage des entscheidungserheblichen Zeitpunkts zu Recht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abgestellt (LG Hamburg v. 19.07.2016 - 324 0 268/16, BeckRS 2016, 20823). Die Berufung verkenne, dass allein zu Gunsten der Presse (bei späteren besseren Erkenntnissen) auf den Zeitpunkt einer Erstveröffentlichung abzustellen sei, dies hier aber nichts zur Sache beitrage. Jedenfalls fehle - wie die Berufung unter Verweis auf BGH v. 19.03.2012 - VI ZR 93/12, GRUR 2013, 965 selbst ausführe - dann die Wiederholungsgefahr. Ohnehin hätten hier aber selbst im Erstveröffentlichungszeitpunkt bereits ausreichende Beweistatsachen vorgelegen. Soweit unsubstantiiert ein Endstand des Vereinskontos zum Jahresende behauptet werde, verkenne die Berufung, dass der nach 13 Spielen im September/Oktober

tatsächlich eingezahlte Betrag absurd gering war. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung (Bl. 242 ff. d.A.) Bezug genommen.

 

 

ll.

 

Die zulässige Berufung hat in vollem Umfang Erfolg.

 

1. Der Klägerin steht entgegen dem Landgericht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22,23 KUG zu.

 

a) Diesem Anspruch steht - die Ausführungen des Landgerichts auf S. 15 f. der angegriffenen Entscheidung sind insofern nicht ganz klar - nicht schon im Ansatz entgegen, dass die Klägerin die identifizierende Verdachtsberichterstattung als solche hier unangegriffen gelassen hat und sich gerichtlich allein und ausschließlich gegen die öffentliche Zurschaustellung ihres Bildnisses i.S.d. § 22 KUG wendet. Richtig ist zwar, dass eine Klage, mit der-was im Grundsatz möglich ist (dazu zuletzt Senat v. 18.10.2018 - 15 U 37/18, BeckRS 2018, 26724) - ein Betroffener generell Unterlassung einer identifizierenden Verdachtsberichterstattung über ein i.S.d. § 253 Abs. 2 ZPO näher zu bezeichnendes tatsächliches Geschehen unter Bezugnahme auf eine konkrete Verletzungsform verlangt, im Ergebnis ohne Erfolg bleiben müsste, wenn nur einzelne - für sich genommen für eine Identifizierung ausreichende, letztlich gleichwertig nebeneinander stehende (dazu allg. Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 17 Rn. 2 f.; Schlüter, Verdachtsberichterstattung, 2011, S. 115) - ldentifizierungsmerkmale im Klageantrag aufgegriffen würden. Dann würde zumindest ein Rechtsschutzbedürfnis für ein derartiges „Teil-Vorgehen“ fehlen.

 

Um einen solchen Fall geht es vorliegend aber gerade nicht, sondern um einen eigenständigen Antrag auf Unterlassung der Veröffentlichung eines Lichtbildes in einem konkreten Kontext. Nach der gesetzlichen Ausgestaltung des Regel-Ausnahmeverhältnisses in §§ 22, 23 KUG und nach der Rechtsprechung ist eine Veröffentlichung eines Bildnisses einer Person per se rechtfertigungsbedürftig (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH v. 29.05.2018 - Vl ZR 56/17, GRUR 2018, 964 Rn. 29 f.), insbesondere weil es gegenüber einer bloßen Wortberichterstattung typischerweise einen stärkeren Eingriff in die persönliche Sphäre bedeutet, wenn jemand das Erscheinungsbild einer Person in einer Lichtbildaufnahme fixiert, verfügbar macht und der Allgemeinheit so vorführt. Speziell für eine - wie hier - der Öffentlichkeit unbekannte Privatperson, aber auch für Prominente stellt eine Bildberichterstattung in der Regel einen stärkeren Eingriff in die Privatsphäre dar als eine Wortberichterstattung (vgl. auch EGMR v. 07.02.2012 - 40660/08, NJW 2012, 1053, 1056 - von Hannover/Deutschland Nr. 2 ; BVerfG v. 10.06.2009 - 1 BvR 1107/09, NJW 2009, 3357). Daher muss es der Klägerin hier prozessual wie materiell-rechtlich unbenommen bleiben, eine Verdachtsberichterstattung und ihre Namensnennung in diesem Zusammenhang unangegriffen zu lassen, aber dennoch Abwehransprüche wegen ihres Rechts am eigenen Bild geltend zu machen, welches als besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von dem Schutz des Einzelnen vor der Verbreitung ihn betreffender Äußerungen in den Medien zu unterscheiden ist (vgl. auch BGH v. 28.10.2008 - Vl ZR 307/07, NJW 2009, 757; zum Geltendmachen angeblich unwahrer Tatsachenbehauptungen als Argument im Rahmen des § 23 Abs. 2 KUG ohne Vorgehen gegen die angeblich unwahre Wortberichterstattung auch Senat v. 18.10.2018 - 15 U 162/17, zur Veröffentlichung bestimmt).

 

b) Die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Bildnissen einer Person richtet sich im Rahmen der §§ 22, 23 KUG nach dem sog. abgestuften Schutzkonzept, dessen Grundsätze das Landgericht zutreffend aufgezeigt hat, worauf hier zur Meidung von unnötigen Wiederholungen verwiesen wird (vgl. zudem zuletzt auch noch BGH v. 29.5.2018 - VI ZR 56/17, GRUR 2018, 964 Rn. 9 - 19 m.w.N. sowie Senat a.a.O.; v. 22.11.2018 - 15 U 96/18, BeckRS 2018, 29811 und v. 08.10.2018 - 15 U 110/18,BeckRS 2018, 26059).

aa) Die Beklagte kann sich nicht auf eine Einwilligung der Klägerin i.S.d. § 22 KUG stützen. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die im Detail bestrittenen Einzelheiten des Klägervortrages und die dazu angebotenen Zeugenbeweismittel an, denn der Vortrag der für die Einwilligung insgesamt darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten ist schlussendlich unzureichend. Wird - wie hier – eine (angebliche) Einwilligung nach einem plötzlichen Ansprechen medienunerfahrerer Personen in der Öffentlichkeit nur mehr oder weniger den Umständen nach durch bereitwilliges „Ablichtenlassen“ und Antworten auf Fragen von Journalisten erteilt, ist eine Einwilligung im Grundsatz nur wirksam, wenn dem Abgebildeten Zweck, Art und Umfang der geplanten Veröffentlichung und auch deren thematische Ausrichtung im Kern bekannt oder ihm zumindest erkennbar waren (vgl. mit Nuancen im Detail etwa OLG Hamburg v. 28.06.2011 -`7 U 39/11, BeckRS 2011, 20663; v. 04.05.2004 - 7 U 10/04, NJW-RR 2005, 479; OLG Karlsruhe v. 26.05.2006 - 14 U 27/05, ZUM 2006, 568, 570; OLG Frankfurt v. 08.05.1990 - 6 W 62/09, GRUR 1991, 49; Fricke, in: Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl. 2014, §22 Rn. 15; Endress Wanckel, 5. Aufl. 2017, Rn. 135, 140 f. m.w.N.). Insofern fehlt es aber - wie im Termin erörtert - an ausreichendem Sachvortrag der Beklagten. Allein die Tatsache, dass damals im Interview u.a. auch nach dem Spendenbetrag in der Dose gefragt worden sein soll, rechtfertigt keine andere Sicht der Dinge. Selbst unterstellt, dass man daraus aus Klägersicht ggf. durchaus hätte ableiten können, dass es auch um eine kritische Berichterstattung über die Einnahmen (und ggf. dann auch deren Verwendung) gehen sollte, ist auf S. 2 der Klageerwiderung (Bl. 40 d.A.) nur vorgetragen, dass sich die Klägerin damals nach dem ersten Ansprechen in der Öffentlichkeit zunächst hat ablichten lassen, „sodann“ näher befragt worden ist und dann auch Rede und Antwort gestanden hat. Auch auf S. 2 f. der Duplik (Bl. 107 d.A.) wird deutlich, dass die Klägerin zunächst über die einfache Frage des Fotografen nach den Fotos erfreut war und noch bereitwillig vor der Kamera Personen um Spenden gebeten hat - was durchaus nahe liegt, wenn sie von einer positiven Berichterstattung über ihre (vermeintlich) gemeinnützige Arbeit ausgegangen sein mag (und mangels vorheriger Information eben auch ausgehen durfte). Auch aus Anlage B 6, Bl. 41 AH ergibt sich nichts anderes, zumal Herr Schild und Herr Winterbach auch nach dem Beklagtenvortrag offenbar erst nach Anfertigung des streitgegenständlichen Fotos hinzugetreten sind und die Klägerin befragt haben. Der Senat verkennt ausdrücklich nicht, dass - was die Beklagte auf 4 der Duplik (Bl. 109 d.A.) bei der Frage des Widerrufs der Einwilligung einwendet - bei einer wirksam erteilten Einwilligung in eine Veröffentlichung eine spätere kritische Berichterstattung vom Betroffenen regelmäßig dennoch hinzunehmen ist, weil kein Anspruch auf eine dem Betroffenen, der sich durch Freigabevereinbarungen usw. absichern mag, „genehme“ Berichterstattung bestehen kann. Diese Frage ist aber von derjenigen zu trennen, ob auf der ersten Stufe überhaupt eine wirksame Einwilligung erteilt worden ist. Dies setzt bei medienunerfahrenen Personen (wie der Klägerin) nach dem eingangs Gesagten aber voraus, dass dem Betroffenen wenigstens im grobem Umfang Inhalt und Zielrichtung der beabsichtigten Berichterstattung erkennbar gemacht werden, woran es hier auch nach dem Beklagtenvortrag aber gerade fehlt. Daher kommt es nicht mehr darauf an, ob und wie die Klägerin - was sie hier jedenfalls konkludent getan hätte - einen Widerruf einer Einwilligung aufgrund der Überrumpelungssituation hätte erklären können (dazu LG Hamburg v. 21.01.2005 - 324 O 448/04, NJW-RR 2005, 1357; Endress Wanckel, a.a.O. Rn. 160; Fricke, a.a.O. Rn. 20).

 

bb) Bei gebotener Abwägung der widerstreitenden Interessen im Zuge des sog. abgestuften Schutzkonzepts lag - entgegen dem Landgericht - kein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vor bzw. es überwogen jedenfalls berechtigte Interessen der Klägerin i.S.d. § 23 Abs. 2 KUG. Zwar sprechen bei der Abwägung durchaus auch gewichtige Argumente für die Beklagte, doch überwiegen schlussendlich im konkreten Fall die schutzwürdigen Belange der Klägerin.

 

(1) Das Landgericht hat zunächst zutreffend erkannt, dass eine - mit dem Klägervortrag unterstellte - heimliche Anfertigung des Lichtbilds als Abwägungskriterium (BGH v. 29.05.2018 - Vl ZR 56/17, BeckRS 2018, 15541 Rn. 18; v. 06.02.2018 - VI ZR 76/17, BeckRS 2018, 1728 Rn. 18 m.w.N.) hier schon deswegen kein besonderes Gewicht haben kann, weil die Anfertigung wiederum nur auf Wahrnehmungen beruht, die schon durch die Öffentlichkeit des Ortes im direkten Stadionumfeld ermöglicht worden sind und die auch keine indiskrete Beobachtung im Einzelnen voraussetzten (zu diesem Aspekt BGH v. 29.05.2018 - Vl ZR 56/17, BeckRS 2018, 15541 Rn. 25). Das Lichtbild ist - wie das Landgericht ebenfalls zutreffend gewürdigt hat - als solches auch nicht etwa abträglich, sondern zeigt die Klägerin nur eher neutral bei dem Sammeln von Spenden in der Öffentlichkeit. Mit Blick darauf ist - wie das Landgericht ebenfalls zutreffend herausgearbeitet hat - auch nicht die Privatsphäre der Klägerin betroffen; dies greift die Berufungsbegründung zu Recht auch nicht an.

 

(2) Für die Beklagte streitet zudem deutlich, dass das Lichtbild die in der Berichterstattung geschilderten Vorgänge von hohem öffentlichem Interesse unmittelbar bebildert und der Wortberichterstattung so besondere Authentizität verleiht. Es zeigt die Klägerin gerade - (bei unterstellter Straftat) quasi „in flagranti“ - bei derjenigen Spendentätigkeit, die Gegenstand und Hintergrund der identifizierenden Verdachtsberichterstattung über den Verein und die Klägerin in dem Beitrag ist. Das Landgericht hat insofern zu Recht innerhalb der Abwägung i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG die Zulässigkeit einer identifizierenden Verdachtsberichterstattung als Abwägungskriterium geprüft und - ebenfalls als solches zutreffend – bejaht.

 

(a) Der Beitrag enthält eine identifizierende Verdachtsberichterstattung (auch) über die Klägerin. Dass im Zeitpunkt der Berichterstattung noch kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen diese (und andere Beteiligte) eingeleitet war, ist unschädlich, da auch eine Berichterstattung über selbst recherchierte Erkenntnisse der Presse als „public watchdog“ in einem frühen Stadium anerkanntermaßen den Vorgaben einer Verdachtsberichterstattung zu unterwerfen ist, wenn - wie hier - strafrechtlich relevante oder sonst sozial abträgliche Vorwürfe erhoben werden (vgl. etwa nur Schlüter, Verdachtsberichterstattung, 2011, S. 8 f. m.w.N.). Hier wird in der Bildunterschrift angesprochen, dass es ein „verworrenes System dubioser Vereine“ gebe. Nach der Einleitung mit bewusst aufgeworfenen Fragen wie „Werden die Fans seit Jahren betrogen?”/“Steckt hinter den angeblichen Wohltätern ein perfides Betrugssystem?“ wird über die recherchierten Erkenntnisse und die Verdachtsmomente berichtet und geschlossen, „es wäre ein denkbar einfaches Betrugssystem.“ Sodann wird auf die Person der Klägerin übergeleitet und über ihre Reaktion auf die Konfrontation mit den Vorwürfen und das weitere Geschehen berichtet und Herr S. zu Wort kommen gelassen: „Es ist ein ungeheuerer Verdacht, dass hier seit Jahren Betrüger am Werk sein könnten.“ Angesichts dessen wird aus Sicht des Durchschnittslesers ein entsprechender Tatverdacht in Richtung der Klägerin geäußert. Keinesfalls werden nur unstreitige (Indiz-)Tatsachen mitgeteilt und der Leser auf dieser Basis allein zu eigenen Schlussfolgerungen angehalten (zur Abgrenzung BVerfG v. 16.03.2017 - 1 BvR 3085/15, NJW-RR 2017, 1003; BGH v. 27.09.2016 - Vl ZR 250/173, NJW 2017, 482).

 

(b) Das Landgericht hat wegen des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs für die Prüfung der Voraussetzungen einer identifizierenden Verdachtsberichterstattung (dazu sogleich (c)) zu Recht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt. Daher waren auch die weiteren Erkenntnisse aus der Folgeberichterstattung und den weiteren Ermittlungen der Fanabteilung zu berücksichtigen. Die Berufungsbegründung weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Bundesgerichtshof bei der Verdachtsberichterstattung und anderen Fällen einer Wahrnehmung berechtigter Interessen i.S.d. § 193 StGB regelmäßig auf den Zeitpunkt der Erstveröffentlichung abstellt (BGH v. 16.02.2016 - Vl ZR 367/15, GRUR 2016, 532 Rn. 20 ff., v. 12.04.2016 - Vl ZR 505/14, NJW-RR 2017, 98 Rn. 40). Doch dabei geht es - wie die Beklagte zutreffend betont - um Fallkonstellationen, in denen die Presse zunächst (zulässig) eine (damals noch) nicht erweislich unwahre Tatsache im Rahmen einer Verdachtsberichterstattung äußern durfte und sich der Verdacht nur später entkräftet hat. In solchen Fällen besteht mangels Rechtsverletzung zu Beginn dann konsequenterweise keine Vermutung einer Wiederholungsgefahr (vgl. etwa BGH v. 12.04.2016 - Vl ZR 505/14, NJW-RR 2017, 98 Rn. 35, 44). Eine Erstbegehungsgefahr kann in solchen Fällen zumeist auch nicht angenommen werden, so dass dann - was wiederum der Pressefreiheit (Art 5 Abs. 1 GG) geschuldet ist - schlussendlich kein Unterlassungsanspruch zu begründen ist (vgl. zur Prüfung der Erstbegehungsgefahr in den Fällen des § 193 StGB etwa auch BGH v. 18.11.2014 - Vl ZR 76/14, NJW 2015, 778 Rn. 34; v. 12.05.1987 - VI ZR 195/86, NJW 1987, 2225, 227 zu ll.1. b) dd) sowie BVerfG v. 23.01.2000 - 1 BvR 456/95, NJW-RR 2000, 1209, 1210 zu ll. 2. b) sowie 1211 zu ll.2). Der vorliegende Sachverhalt ist` damit jedoch nicht zu vergleichen, weil die Beklagte die Vorwürfe durchlaufend aufrechterhalten und weiter vertieft hat. Sie verteidigt ihre (Erst-)Berichterstattung nicht nur im Prozessverhalten, sondern hält auch inhaltlich vollumfänglich daran fest, so dass für die Prüfung der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich sein muss.

 

(c) Das Landgericht hat dann aber zu Recht die - von ihm zutreffend referierten und deswegen nicht zu wiederholenden (vgl. zudem zuletzt auch Senat v. 13.12.2018 - 15 U 56/16, BeckRS 2018, 33086) - Voraussetzungen einer identifizierenden Verdachtsberichterstattung als gewahrt angesehen. Es kann erneut auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen werden. Die letztlich nur gegen die Annahme eines Mindestbestands an Beweistatsachen gerichteten Angriffe der Klägerin auf S. 12 ff. der Berufungsbegründung (B. 221 ff. d.A.) greifen nicht durch.

 

(aa) Richtig ist zwar, dass die Tatsache der (späteren) Einleitung eines Ermittlungsverfahrens für sich genommen keine ausreichende Basis für eine Verdachtsberichterstattung über einen Strafvorwurf sein kann (so zuletzt auch Senat v. 18.10.2018 - 15 U 37/18, BeckRS 2018, 26724). Darum geht es indes nicht, denn die Berichterstattung stützt sich - wie das Landgericht ausgeführt hat - auf eigene tragende Beweisanzeichen. Die erst nach der Erstveröffentlichung erfolgte Strafanzeige bzw. das später eingeleitete Ermittlungsverfahren - in dem es nach den Erörterungen im Termin keine neuen Erkenntnisse zu geben scheint - haben daher keine Bedeutung. Das Nichtvoranschreiten des Ermittlungsverfahrens in der Zwischenzeit trägt schon mangels Vortrag zu den Hintergründen (etwa zu entlastenden Erkenntnissen) auch keinen anderen und der Klägerin günstigeren Schluss.

 

(bb) Die Berufungsbegründung greift auf S. 4 (Bl. 213 d.A.) zu Unrecht unter Berufung auf den nemo-tenetur-Grundsatz die Ausführungen des Landgerichts an. Es bedarf keiner generellen Klärung der Frage, ob bei einer Verdachtsberichterstattung ein Schweigen des Betroffenen zu streitigen Vorwürfen auch zivilprozessual nicht zu dessen Lasten verwendet werden dürfte (so wohl LG Frankfurt v. 22.06.2017 - 2-03 O 355/16, BeckRS 2017, 120940 Rn. 54; Brost/Conrad/Rödder, AfP 2018, 287, 288. AA Srocke, AfP 2018, 291, 293). Denn dies stellt sich vor allem nur dann als Problem dar, wenn es - anders als hier - wegen des Schweigens des Betroffenen keinen konkreten Sachvortrag usw. zur Bewertung gibt. Neben dem - jedenfalls auffälligen - „Geflecht“ von Vereinen im direkten persönlichen Umfeld der Klägerin (vgl. insbesondere das Lichtbild des Klingelschilds in der angegriffenen Berichterstattung) hat jedoch hier zunächst schon nicht unerhebliche indizielle Bedeutung, dass die Zusammenarbeit mit den vom Verein öffentlich gemachten Spendenempfängern keinesfalls besonders verfestigt war und oft - wenn überhaupt - nur eher geringe Beträge an diese Institutionen geflossen sind. Deutliches Beweisanzeichen waren zudem die Angaben der Frau Einfalt zur angeblichen „Aufteilung“ von Spendeneinnahmen sowie anderer ehemaliger Mitarbeiter, die dies nach dem Vortrag auf S. 7 der Klageerwiderung (Bl. 45 d.A.) gegenüber der Redaktion ähnlich bekundet haben. Derartige Bekundungen sind - auch angesichts des dazu eingereichten Videos - klägerseits prozessual nicht ausreichend bestritten. Sofern auf S. 7 des Schriftsatzes vom 26.01.2018 (Bl. 88 d.A.) und S. 8 des Schriftsatzes vom 22.03.2018 (BI. 128 d.A.) vor allem Bedenken gegen die Person der Frau E. ins Feld geführt worden sind und deren Glaubwürdigkeit in Zweifel gezogen worden ist, ist zwar abstrakt richtig, dass die Presse sich bei Informanten im Rahmen der journalistischen Sorgfalt stets Gedanken über die Beweiskraft machen muss und etwaige Motive für Falschbezichtigungen zu prüfen hat (vgl. etwa BGH v. 18.11.2014 - Vl ZR 76/14, NJW 2015, 778: Prüfung eines Motivs für Falschbezichtigung; BGH v. 17.12.2013 - Vl ZR 211/12, juris Rn. 29: Prüfung eines übermäßigen Belastungseifers; in diesem Sinne auch EGMR v. 04.05.2010 - 38059/07, juris Rn. 42 und 44: zu prüfen sind Autorität, Neutralität und Objektivität der Quelle; BVerfG v. 21.03.2007 - 1 BvR 2231/03, NJW 2007, 2686: privater Gewährsmann; OLG Hamburg v. 21.02.2006 - 7 U 64/05, NJW-RR 2006, 1707; Burkhardt/Peifer in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6.Aufl. 2018, Kap. 10 Rn. 156; siehe auch Senat v. 18.10.2018 - 15 U 37/18, BeckRS 2018, 28724). Dafür waren hier aber kaum tragfähige Anhaltspunkte ersichtlich. Dass die Bekundungen der Frau ….. (S. 7 f. des Schriftsatzes vom 22.03.2018, Bl. 127 f. d.A.) u.U. etwas unkonkreter geblieben sein mögen, rechtfertigt keine der Klägerin günstigere Sichtweise, denn auch diese Bekundungen stützten im Kern durchaus deutlich den erhobenen Verdacht und knüpfen vor allem an die - bis zuletzt bestehende - rechnerische Unschlüssigkeit der genannten Spendenbeträge etc. an. Auch die Ermittlungen der ...-Fanabteilung zum durchschnittlichen Spendenaujkommen (S. 4 des Schriftsatzes vom11.04.2018, Bl. 143 d.A. Bericht Anlage B 13, AH) sind von der Klägerin nur unzulässig pauschal bestritten; auch dies bot der Beklagten keinen weiteren Anlass für Nachrecherchen im Rahmen ihrer journalistischen Sorgfalt. Soweit auf S. 4 f. des Schriftsatzes vom 08.05.2018 (Bl. 158 f. d.A.) das Vorgehen der Fanabteilung als Treiben unseriöser „Privatermittler“ mit einer „gefährlichen Eigendynamik“ bezeichnet worden ist, mag das zwar nicht ganz von der Hand zu weisen sein. Was aber an den Ermittlungen falsch sein soll, ist nicht konkret aufgezeigt, zumal sich die Zahlen - zu denen seitens des Vereins keine anderen Angaben gemacht worden sind - durchaus nahtlos

ineinanderfügten. Soweit die Berufungsbegründung auf S. 14 (Bl. 223 d.A.) vor allem damit argumentiert, dass das Landgericht dem erstinstanzlich unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin hätte nachkommen müssen, dass das „Bankkonto des Vereins“ zum Jahresende 2015 immerhin mit einem Guthaben in Höhe von .... EUR abgeschlossen haben soll, erschüttert auch dies nicht den gegen die Klägerin und den Verein sprechenden Mindestbestand an Beweistatsachen: Denn die Beklagte hat u.a. auf S. 6 der Klageerwiderung (Bl. 44 d.A.) allein und ausschließlich an die geringen Bareinzahlungen von.... EUR im fraglichen Zeitraum September/Oktober 2015 - trotz der in diesem Zeitraum stattfindenden nicht unerheblichen Sammelaktionen vor den Stadien - angeknüpft. Ein - sei es auch nicht geringer - Endbestand auf dem Vereinskonto zum Jahresende kann jedoch ohne weiteres auch aus anderen Einnahmen (auch aus früheren Zeiträumen) stammen und hat für sich genommen daher keine Aussagekraft, um die auffallend geringen Einzahlungen in dem Zeitraum September/Oktober - zu denen auch nicht etwa eine nur zeitverzögerte Einzahlung im November o.ä. vorgetragen ist - zu erläutern.

 

(3) Das Landgericht hat daneben zwar dann nicht mehr gesondert geprüft, dass „zusätzlich“ zu den vom Landgericht angeführten allgemeinen Anforderungen an eine Verdachtsberichterstattung nach der Rechtsprechung selbst bei einer Wortberichterstattung das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Identifizierbarmachung des Betroffenen dessen Geheimhaltungsinteresse überwiegen muss (so deutlich BGH v. 07.12.1999 - Vl ZR 51/99, NJW 2000. 1036 und zuletzt Senat v. 18.10.2018 - 15 U 37/18, BeckRS 2018, 26724 Rn. 26). Dies ist im Hinblick auf die Wortberichterstattung aber zu Lasten der Klägerin anzunehmen: Denn insofern ist zu berücksichtigen, dass - was die Klägerin eingesteht - die Eingriffsintensität für sie bei einer Aufdeckung (nur) ihres Namens deswegen schon deutlich geringer war, als sie über ihre Vorstandstätigkeit im Verein über öffentliche Register bzw. die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins ohnehin mühelos identifizierbar war. Im Übrigen besteht bei einer Berichterstattung über die Öffentlichkeit interessierende Straftaten ein Berichterstattungsinteresse im Grundsatz eben nicht nur an der Tat selbst, sondern im Grundsatz auch an dem Täter (st. Rspr., vgl. etwa BGH v. 16.02.2016 - Vl ZR 367/15, GRUR 2016, 532 Rn. 23 m.w.N.), so dass eine identifizierende Wortberichterstattung von der Klägerin auch unter Namensnennung bei gebotener Abwägung wohl in der Tat noch hinzunehmen war. Zwar lag - worauf unten zurückzukommen ist - keine besonders schwere Straftat vor, sondern eine solche eher aus dem Bereich der mittleren und kleinen Kriminalität, doch waren die Begleitumstände - insbesondere die Tatbegehung im Umfeld von Bundesliga-Großereignissen mit einer Vielzahl von Geschädigten - und der Zusammenhang mit der Gemeinnützigkeit des Vereins und dem (mutmaßlich) vorgetäuschten Engagement um Kinderschutz und Tierschutz doch letztlich von so großem öffentlichen Interesse, dass jedenfalls eine Namensnennung - trotz des frühen Stadiums der Ermittlungen bei der Erstberichterstattung - im Ergebnis noch gerechtfertigt war.

 

(4) Indes hat das Landgericht im Folgenden die Besonderheiten einer Zurschaustellung eines Lichtbildes im Zuge einer Verdachtsberichterstattung im Rahmen der Abwägung nicht ganz ausreichend gewürdigt. Trotz dem zu (3) Gesagten überwiegen jedenfalls im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG bzw. § 23 Abs. 2 KUG hier im Ergebnis die Interessen der Klägerin.

 

(a) Denn bei einer Verdachtsberichterstattung unter Verwendung (auch) eines Lichtbildes als Identifizierungsmerkmal ist bei der Abwägung der widerstreitenden Belange besonders zu berücksichtigen, dass die Veröffentlichung eines Lichtbildes schon wegen der stärkeren Intensität des optischen Eindrucks (dazu grundlegend BVerfG V. 05.06.1973 - 1 BvR 536/72, BVerfGE 35, 202, 227 = juris Rn. 56) deutlich weitgehender als eine reine Namensnennung geeignet ist, besondere öffentliche

Aufmerksamkeit an der Person zu erregen und damit auch eine Prangerwirkung zu erzeugen. Dies gilt insbesondere bei - wie hier - zuvor in der Öffentlichkeit unbekannten Personen, bei denen die Kundgebung ihres konkreten Aussehens ihre Wiedererkennung in der Öffentlichkeit deutlich wahrscheinlicher macht. Aus diesem Grund hat eine Person, die zum Gegenstand einer identifizierenden Wortverdachtsberichterstattung gemacht werden darf, aber nicht automatisch auch die Veröffentlichung von Lichtbildern im gleichen Kontext hinzunehmen (vgl. schon OLG Stuttgart v. 19.12.1958 - 1 Ss 723/58, JZ 1960, 126 (128); LG Berlin v. 17.12.1985 - 27 0 200/85, NJW 1986, 1265; siehe ferner etwa Koebel, JZ 1966, 389, 390; Schlüter, Verdachtsberichterstattung, 2011, S. 116; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht, 1991, S. 160 f.; Endress Wanckel, a.a.O., Rn. 191). Richtigerweise setzt dies bei der Abwägungsentscheidung im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ein das individuelle Anonymitätsinteresse des Betroffenen gerade hinsichtlich des Rechts am Bild überwiegendes öffentliches Berichterstattungsinteresse an der Person des Betroffenen voraus, welches damit nochmals über dasjenige hinausgehen muss, welches bereits die Identifizierbarmachung durch Namensnennung mit dem zu (3) Gesagten in einer Wortberichterstattung rechtfertigt (sog. „qualifiziertes öffentliches Interesse“). Dabei geht es nicht um eine - unzulässige (vgl. etwa BGH v. 06.02.2018 - Vl ZR 76/17, GRUR 2018, 549 Rn. 14; v. 07.06.2011 - VI ZR 108/10, NJW 2011, 3153 Rn. _20) - „Bedürfnisprüfung“ in dem Sinne, dass das Gericht prüfen müsse, ob die Presse theoretisch auch ohne Bildveröffentlichung hätte über den Vorfall berichten können. Bildaussagen nehmen am verfassungsrechtlichen Schutz des Berichts teil, dessen Bebilderung sie dienen (BGH v. 06.02.2018 - Vl ZR 76/17, GRUR 2018, 549 Rn. 14). Dies hat jedoch anerkanntermaßen kein schrankenloses Informationsinteresse zur Folge, denn der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten wird durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden unter abwägender Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen (BGH a.a.O., Rn. 15 f.). Speziell im vorliegenden Bereich bedarf es daher der sorgfältigen Prüfung aller Umstände des Einzelfalles. Kriterien können bei Verdachtsberichterstattungen mit strafrechtlichem Hintergrund vor allem der Charakter, der Umfang und die besondere Begehensweise der in Rede stehenden Straftat und die Persönlichkeit des Betroffenen bzw. Täters sein (vgl. zum Vorstehenden OLG Celle v. 20.04.2000 - 13 U 160/99, NJW-RR 2001, 335, 336; OLG Celle v. 25.08.2010 - 31 Ss 30/10, BeckRS 2010, 22674; OLG Frankfurt v. 02.07.1990 - 6 W 104/90, AfP 1990, 229; =ZUM 1990, 580 v. 24.09.1970 - 6 U 41/70, NJW 1971, 47; Schlüter, a.a.O., S. 118 ff.; von Strobl-Albeg/Pfeifer, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 8 Rn. 132; Fricke, in: Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl. 2014, § 22 Rn. 22; Stollwerck, KKV 2017, 49, 54). Bei der Abwägung ist auch zu berücksichtigen, dass das Informationsbedürfnis der Allgemeinheit an einer weitgehenden Identifizierung des Betroffenen auch durch Veröffentlichung des Bildnisses überwiegen muss und dieser - gegen seinen Willen - seinen Schutz vor öffentlicher Anprangerung verliert (so deutlich OLG Celle, a.a.O.; dem folgend Schlüter, a.a.O., S. 119). Doch kann dies insbesondere bei solchen Straftaten, die über das Alltägliche oder häufig Wiederkehrende hinausragen und für die Öffentlichkeit etwas bedeuten oder sie näher angehen, im Rahmen der Abwägung durchaus anzunehmen sein, insbesondere bei bereits gegebenen, besonders deutlichen Verdachtsmomenten (Schlüter, a.a.O., S. 120). Dass insofern ein abweichender Schutzmaßstab für Wort- und Bildberichterstattungen im Bereich der Verdachtsberichterstattung entstehen mag, ist nicht außergewöhnlich und dem Regel-Ausnahmeverhältnis in §§ 22, 23 KUG geschuldet (vgl. allg. auch zuletzt BGH v. 29.05.2018 - VI ZR 56/17, GRUR 2018, 964 Rn. 28 ff.).

 

(b) Nach diesen Prämissen überwiegen im konkreten Fall dann aber die schutzwürdigen Interessen der Klägerin. Der Senat verkennt ausdrücklich nicht, dass es vorliegend nicht nur um eine reine „Zurschaustellung“ eines Tatverdächtigen geht, wie es das OLG Celle a.a.O. bei der Veröffentlichung eines kontextneutralen Portraitfotos eines niederschwellig straffällig gewordenen Polizeibeamten in Art eines Fahndungsfotos angenommen hat. Die Klägerin ist gerade bei der (angeblich) inkriminierten Tätigkeit des Spendensammelns abgelichtet worden und somit im direkten Kontext der Berichterstattung. Ungeachtet dessen hat die Veröffentlichung dieses Lichtbildes eine besondere Prangerwirkung für die in der Öffentlichkeit zuvor unbekannte Klägerin, die damit in ihrem weiteren persönlichen Umfeld ersichtlich schwer gebrandmarkt worden ist und dies (erstmals) zu einem sehr frühen Zeitpunkt noch vor einer Strafanzeige und vor Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Dies erfolgte zwar bei einem für eine (Wort-) Verdachtsberichterstattung ausreichenden Mindestbestand an Beweistatsachen, aber jedenfalls noch vor dessen erstmaliger behördlicher Überprüfung oder gar vorläufiger Bekräftigung (etwa durch einen an § 112 StPO geprüften Haftbefehl, eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft oder gar durch eine bereits erfolgte erstinstanzliche Verurteilung). Der Senat verkennt nicht, dass gerade der Bezug des Geschehens zur Fußball-Bundesliga, zur Gemeinnützigkeit und zum Vertrauensverlust bei der (möglichen) Zweckverfehlung von Spendengeldern ein durchaus hohes öffentliches Berichterstattungsinteresse mit sich bringt, was auch das Landgericht auf S. 9 des angegriffenen Urteils zutreffend herausgestellt hat. Dieses Interesse wird durch die Umstände der (angeblichen) Tat, speziell die menschlich anrührenden Sammlungen vor den Bundesligastadien bei Tausenden argloser Fans in Feierlaune unter angeblichem Vorschieben eines guten Zwecks, verstärkt. Insofern mag auch ein gewisses Interesse an den (vermeintlichen) „Tätern“ entstehen und dieses Interesse wird dann durch das streitgegenständliche Lichtbild der Klägerin befriedigt, das diese in „offizieller Funktion" als Vereinsvorstandsmitglied (Kassenwart) beim Spendensammeln in der Öffentlichkeit zeigt und sie insofern also gerade nicht anlasslos aus der Anonymität hebt. Auch ist verständlich, dass an der Person der Klägerin im Zentrum des in der Berichterstattung aufgezeigten „verworrenen Systems dubioser Vereine“ ein Interesse bestehen mag, zumal die Klägerin gerade nicht „lediglich Kassenwart" des Vereins ohne Repräsentationsaufgabe war (S. 3 des Schriftsatzes vom 08.05.2018, Bl. 157 d.A.) und es nicht überzeugt, künstlich zwischen einer Berichterstattung über den Verein und einer solchen über die Klägerin zu trennen. Denn die Klägerin hatte beim Verein eine zumindest herausgehobene Stellung (zu diesem Aspekt BGH v. 30.10.2012 - Vl ZR 4/12, GRUR 2013, 94 Rn. 20; siehe auch BGH v. 18.11.2014 - VI ZR 76/14, GRUR 2015, 96 Rn. 22 - Chefjustitiar) und schien schon durch die Vielzahl an Vereinsbeteiligungen im Zentrum des Interessengeflechts zu stehen.

 

Andererseits handelt es sich, was schlussendlich für die Klägerin spricht, dennoch nur um den Verdacht von Straftaten, die - auch in der Summe - keine besonders exorbitanten materiellen Schäden hervorgerufen haben sollen und die letztlich trotz der aufsehenerregenden Begleitumstände insgesamt der kleineren und mittleren Kriminalität zuzurechnen sind. Das rechtfertigt aber auch im vorliegenden Rahmen ersichtlich eine andere Beurteilung als bei schweren Straftaten (wie Terrorismus, organisierte Kriminalität, Mord oder Amoklauf, vgl. etwa nur die Fälle BGH v. 07.06.2011 - Vl ZR 108/10, NJW 2011, 3153 und OLG Stuttgart v. 02.04.2014 - 4 U 174/13, AfP 2014, 352). Zwar kann bei geringeren Verfehlungen und leichten Straftaten im Gegenzug bei einer Berichterstattung dann auch das Ausmaß der Beeinträchtigungen und die Gefahr einer Stigmatisierung etwas geringer sein (BVerfG v. 25.01.2012 - 1 BvR 2499/09, NJW 2012, 1500 Rn. 41), doch bleibt gerade eine Bildnisverwendung auch dort mit besonderen Beeinträchtigungen verbunden, jedenfalls wenn die Person - wie hier die Klägerin - zuvor in der Öffentlichkeit unbekannt war. Gerade in solchen Fällen kleinerer Straftaten ist das Berichterstattungsinteresse stets kritisch zu hinterfragen (BVerfG a.a.O.; siehe gerade zu § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auch Endress Wanckel, a.a.O., Rn. 192). Soweit bei Prominenten dabei insbesondere auch bei eher leichten Verfehlungen zumindest noch die Leitbild- und Vorbildfunktion eine Rolle spielen mag (z.B. bei einer Festnahme beim Oktoberfest dazu etwa EGMR v. 07.02.2012 - 39954/08, NJW 2012, 1058), greift dieser Gedanke vorliegend nicht durch. Die Klägerin war in der Öffentlichkeit unbekannt und auch als Vereinsvorstand nicht besonders - insbesondere nicht im Bild - in der Öffentlichkeit für den Verein als Repräsentantin aufgetreten. Sie war nicht- wie etwa ein „Unterweltkönig“ mit Drogenhintergrund, der sich daher u.U. auch Aufnahmen von seiner Festnahme gefallen lassen muss (KG v. 15.06.2006 - 10 U 184/05, NJW-RR 2007, 345) oder ein wegen Einbrüchen in Schulen und Kindergärten aufgefallener sog. Intensivtäter (dazu LG Wiesbaden v. 26.04.2005 - 1 S 32/04, NJW-RR 2005, 1069) derart aus der Masse der durchschnittlichen mutmaßlichen Trickbetrüger herausgetreten, dass sie eine Bildberichterstattung über ihre Person in der konkreten Form hinnehmen musste. Ist bei der Berichterstattung über Strafverfahren - und hier geht es bei der Erstberichterstattung sogar um das Vorfeld einer Strafanzeige - im Hinblick auf die Unschuldsvermutung die Gefahr in den Blick zu nehmen, dass der Eindruck, der Abgebildete sei ein Straftäter, selbst bei einer späteren Einstellung eines Ermittlungsverfahrens etc. nicht beseitigt wird, muss dies aber gerade bei der Bebilderung von Verdachtsberichterstattungen ebenfalls bedacht werden. Ob im Einzelfall dem Recht auf Schutz der Persönlichkeit oder dem Informationsinteresse Vorrang gebührt, hängt dann nicht zuletzt auch von dem Verdachtsgrad ab, dem der Beschuldigte ausgesetzt war und gegebenenfalls noch ist (BGH v. 16.02.2016 - VI ZR 367/15, GRUR 2016, 532 Rn. 38; v. 07.06.2011 - Vl ZR 108/10, NJW 2011, 3153 Rn. 25). Vorliegend befand man sich - wie bereits betont - in einem frühen Stadium der (Eigen-)Ermittlungen bei allesamt auch nicht geständigen Verdächtigten, so dass - zumal das Strafverfahren keine weiteren Erkenntnisse gebracht zu haben scheint - die Interessen der Beklagten im konkreten Fall zurücktreten. Dabei ist insbesondere auch noch zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen, dass das Lichtbild einer zuvor der Öffentlichkeit unbekannten Person ohne jede Verpixelung abgedruckt worden ist. Die damit einhergehende Prangerwirkung war zudem nicht zuletzt deswegen bedenklich, weil - mit damaligem Wissen der Beklagten - die Fanabteilung ... mit nicht unerheblichem „Jagdfieber“ damals eigene Ermittlungen begonnen hatte und man die aufgeheizte Stimmung durch eine Veröffentlichung wie die hier Vorliegende nur zusätzlich anheizen musste. Dass die Klägerin keine konkreten weiteren Belästigungen (nur) durch die Bildnisveröffentlichung vorgetragen hat, kann dann - entgegen dem Landgericht - keine Rolle mehr spielen.

 

(5) Dahinstehen kann, ob man das zu (4) Gesagte dann eher noch im Rahmen der Abwägung bei § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG oder erst im Rahmen des § 23 Abs. 2 KUG zu prüfen hat, da die unterschiedliche Darlegungs- und Beweislast bei den beiden Vorschriften im konkreten Fall ohne Relevanz bleibt. Es spricht jedoch mehr für eine Berücksichtigung schon im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Ansonsten kann eine Veröffentlichung von Lichtbildern im Zusammenhang mit einer Verdachtsberichterstattung dann nach § 23 Abs. 2 KUG zu beanstanden sein, wenn von dem Foto selbst eine besondere Herabsetzung, Zurschaustellung Verächtlichmachung oder Anprangerung ausgeht (vgl. Schlüter, Verdachtsberichterstattung, 2011, S. 123), eine entwürdigende Situation während eines polizeilichen Zugriffs abgebildet wird (KG v. 14.07.2006 - 9 U 228/05, BeckRS 2007, 07139) oder es sogar im Zusammenhang mit der Veröffentlichung zu Personengefährdungen kommt (vgl. nur Endress Wanckel, Foto- und BildR, 5. Aufl. 2017, Rn. 247; die die allgemeine Angst vor Racheakten genügt aber nicht, dazu OLG Stuttgart v. 02.04.2014 -4 U 174/13, a.a.O).

 

2. Mit Blick auf das zu Ziff. 1 Gesagte steht der Klägerin zudem auch der tenorierte Erstattungsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen der außergerichtlichen Anwaltskosten gemäß der zutreffenden Berechnung auf S. 10 der Klageschrift (Bl. 10 d.A.) zu. Am Verschulden der Beklagten bestehen keine Zweifel.

 

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 91 ZPO sowie aus § 709 S. 1 und 2 (Unterlassung) bzw. § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO (Gebührenforderung und Kosten).

 

4. Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Vielmehr handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung auf Basis der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne grundsätzliche Bedeutung.

 

 

Streitwert für das Berufungsverfahren: 10.000 €