04. Februar 2010
Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG bei Abschlussschreiben die Regel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I ZR 30/08 V

RVG VV Nr. 2300

Die für ein Abschlussschreiben (Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung nach Erlass einer einstweiligen Verfügung) entstehende Geschäftsgebühr ist im Allgemeinen auf der Grundlage von Nr. 2300 RVG VV zu berechnen.

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch
für Recht erkannt:

Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 29. Januar 2008 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin zu 72% und der Beklagten zu 28% auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Aufrechnung der Beklagten mit einem Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten für eine ge-genüber der Klägerin ausgesprochene wettbewerbsrechtliche Abmahnung.

Die Beklagte ließ die Klägerin, die ebenso wie sie selbst Arzneimittel her-stellt und vertreibt, mit Schreiben ihrer in den Vorinstanzen tätigen Prozessbe-vollmächtigten vom 27. November 2006 wegen wettbewerbswidriger Aussagen

in einer von der Klägerin herausgegebenen Patientenbroschüre abmahnen. Da die Klägerin hierauf nicht reagierte, erwirkte die Beklagte am 30. November 2006 beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung, mit der der Klä-gerin untersagt wurde, das Buch "Rat & Hilfe Brustkrebs" bei Personen, die nicht den Fachkreisen i.S. von § 10 Abs. 1 HWG angehören, zu verbreiten oder verbreiten zu lassen. Nach Rücknahme ihres gegen die Verbotsverfügung ein-gelegten Widerspruchs in der mündlichen Verhandlung des Landgerichts am 18. Januar 2007 gab die Klägerin die von der Beklagten mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20. Februar 2007 verlangte Abschlusserklärung am 7. März 2007 ab.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. Dezember 2006 wurden die von der Klägerin an die Beklagte im Verfahren der einstweiligen Verfügung bis zur mündlichen Verhandlung zu erstattenden außergerichtlichen Kosten an-tragsgemäß auf 2.701,60 € festgesetzt. Im Anschluss an die mündliche Ver-handlung vom 18. Januar 2007 wurden die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden außergerichtlichen Kosten mit weiterem Kostenfestsetzungsbe-schluss vom 6. Februar 2007 antragsgemäß auf 5.150 € festgesetzt. In diesem Betrag war nochmals eine Verfahrensgebühr in Höhe von 2.667,60 € enthalten, die bereits Gegenstand des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 18. Dezem-ber 2006 war. Die Klägerin glich die festgesetzten Kostenbeträge vollständig aus und leistete damit eine Überzahlung von insgesamt 2.762,44 € (2.667,60 € zuzüglich Zinsen) an die Beklagte. Gegenüber dem Rückzahlungsanspruch der Klägerin erklärte die Beklagte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 7. März 2007 die Aufrechnung mit den von ihr für das Abmahnschreiben und die Anforderung der Abschlusserklärung geltend gemachten Rechtsanwaltskos-ten, die sie auf 1.353,80 € für das Abmahnschreiben sowie 2.687,60 € für die Anforderung der Abschlusserklärung bezifferte, wobei den Kostenberechnun-gen jeweils der vom Landgericht Hamburg im Verfügungsverfahren festgesetzte Streitwert von 250.000 € zugrunde gelegt wurde.

Die Klägerin hat die Aufrechnung mit der Begründung zurückgewiesen, die Beklagte hätte, da sie über eine eigene Rechtsabteilung verfüge, ihre Inter-essen in der einfach gelagerten wettbewerbsrechtlichen Sache selbst wahrnehmen können, so dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich gewesen sei.

Sie hat die Beklagte daher auf Zahlung von 2.762,44 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.

Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, die Beauftragung ei-nes Rechtsanwalts sei geboten gewesen, da sie nur über eine kleine Rechtsab-teilung mit lediglich einem für Wettbewerbsangelegenheiten zuständigen Mitar-beiter verfüge.

Das Berufungsgericht hat der im ersten Rechtszug erfolglosen Klage in Höhe von 773,04 € nebst Zinsen stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückwei-sung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin hat Anschlussrevision eingelegt, mit der sie ihr Klagebegehren - soweit das Berufungsgericht die in erster Instanz erfolg-te Klageabweisung bestätigt hat - weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Anschlussrevision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Zahlungsanspruch in Hö-he von 773,04 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zuerkannt. Die weiterge-hende Klage hat es abgewiesen, weil die Beklagte mit einem Gegenanspruch aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG in Höhe von 1.989,40 € wirksam aufgerechnet habe. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Der ursprünglich in Höhe von 2.762,44 € bestehende Zahlungsanspruch der Klägerin sei durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 7. März 2007 erklärte Aufrechnung mit einem Gegenanspruch aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG in Höhe von 1.989,40 € erloschen. Die Beklagte habe die Klägerin wegen eines Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 10 Abs. 1 HWG zu Recht ab-gemahnt. Zu den erforderlichen Aufwendungen i.S. von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zählten nicht nur die für das Abmahnschreiben, sondern auch die für die Aufforderung zur Abschlusserklärung entstandenen Kosten.

Die von der Beklagten für die Abmahnung und die Anforderung der Ab-schlusserklärung aufgewendeten Rechtsanwaltskosten seien erforderlich ge-wesen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte eine eigene Rechtsabtei-lung unterhalte. Von einem Unternehmen könne nicht verlangt werden, seine Rechtsabteilung personell so auszustatten, dass alle einfach gelagerten Wett-bewerbsverstöße unternehmensintern verfolgt werden könnten.

Allerdings decke sich der Gegenanspruch der Beklagten nicht mit dem Rückforderungsanspruch der Klägerin. Zwar beliefen sich die für das Abmahn-schreiben vom 27. November 2006 zu erstattenden Kosten - ausgehend von einem angemessen angesetzten Streitwert von 250.000 € - auf den von der Beklagten geltend gemachten Betrag von 1.353,80 € (0,65 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 RVG VV zuzüglich 20 € Postgebührenpauschale). Für das Ab-schlussschreiben vom 20. Februar 2007 könne die Beklagte hingegen nur 635,60 € ersetzt verlangen (0,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 RVG VV zuzüglich 20 € Postgebührenpauschale), da es sich bei einem solchen Schreiben im Allgemeinen um ein Schreiben einfacher Art handele. Dies sei auch im vor-liegenden Fall anzunehmen. Die Fertigung des Anforderungsschreibens vom 20. Februar 2007 habe keine erneute rechtliche Prüfung des Sachverhalts er-fordert.

II. Das angefochtene Urteil hält sowohl den Angriffen der Revision als auch denjenigen der Anschlussrevision stand. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte für die Fertigung des Abschlussschrei-bens vom 20. Februar 2007 gemäß Nr. 2302 RVG VV nur eine Geschäftsge-bühr in Höhe von 0,3 zuzüglich 20 € Postgebührenpauschale erstattet verlan-gen kann. Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision ist es der Beklagten nicht verwehrt, mit ihren Aufwendungsersatzansprüchen aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG und §§ 677, 683, 670 BGB gegen den unstreitigen Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 2.762,44 € aufzurechnen.

1. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin ursprünglich einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 2.762,44 € hatte.

a) Dieser Anspruch ergibt sich allerdings nicht - wie von den Vorinstan-zen angenommen - aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Rechtsgrund für die Leistung der Klägerin an die Beklagte waren die Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 18. Dezember 2006 und 6. Februar 2007, die weiterhin Bestand haben, weil die Klägerin sie nicht gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO mit der sofortigen Beschwerde angefochten hat.

Ein rechtskräftig gewordener Kostenfestsetzungsbeschluss wird aller-dings wirkungslos, wenn die Kostengrundentscheidung abgeändert wird oder entfällt (Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 104 Rdn. 42). Eine Abänderung der Kostengrundentscheidung in dem von der Beklagten gegen die Klägerin betrie-benen Verfahren auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist jedoch nicht erfolgt, so dass die Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 18. Dezember 2006 und 6. Fe-bruar 2007 nicht wirkungslos geworden sind.
b) Auf § 823 Abs. 1 BGB kann die Klägerin den von ihr geltend gemach-ten Anspruch ebenfalls nicht stützen, weil durch ihre Zahlung an die Beklagte keines der dort genannten Rechte oder Rechtsgüter verletzt wurde.

c) Ebenso wenig kommt ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 717 Abs. 2 ZPO in Betracht. Die Vorschrift ist zwar grundsätzlich auf Kosten-festsetzungsbeschlüsse entsprechend anwendbar (vgl. OLG Frankfurt NJW 1978, 2203; OLG Karlsruhe Rpfleger 1980, 438; MünchKomm.ZPO/Krüger, 3. Aufl., § 717 Rdn. 11; Musielak/Lackmann aaO § 717 Rdn. 6). Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs ist jedoch, dass der für vorläufig vollstreckbar erklärte Titel in der Sache aufgehoben oder abgeändert wird. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

d) Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 2.762,44 € jedoch als Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Zwischen den Parteien des Verfügungsverfahrens bestand ein Schuldverhältnis in Form eines Prozessrechtsverhältnisses (vgl. BGH, Beschl. v. 2.7.2009 - V ZB 54/09, NJW 2009, 3102 Tz. 9; Beschl. v. 10.11.2009 - VIII ZB 60/09, MDR 2010, 165 Tz. 9). Aus dieser Sonderverbindung hatte die Beklagte die Verpflichtung, bei den von ihr beantragten Kostenfestsetzungen erstattungsfähige Gebühren nicht doppelt in Ansatz zu bringen. Dagegen hat sie verstoßen, da die im Kostenfestsetzungsantrag vom 23. Januar 2007 enthaltene Verfahrensgebühr in Höhe von 2.667,60 € bereits Gegenstand des Kos-tenfestsetzungsantrags vom 5. Dezember 2006 und des hierauf beruhenden Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 18. Dezember 2006 war. Das Verschulden der Beklagten wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet und ist daher von ihr zu widerlegen. Anhaltspunkte dafür, dass die doppelte Beantragung der Verfahrensgebühr zur Festsetzung ohne Verschulden der Beklagten oder ihrer Prozessbevollmächtigten, deren Verhalten sie sich gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss, erfolgte, sind nicht ersichtlich und werden von der Be-klagten auch nicht geltend gemacht.
Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der durch die Pflichtverletzung ver-ursachte Schaden zu ersetzen. Der Umfang der Ersatzpflicht richtet sich nach den §§ 249 ff. BGB. Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat der Schuldner des Scha-densersatzanspruchs den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Danach schuldet die Beklagte der Klägerin die Erstattung des von dieser zuviel gezahlten Be-trags, der sich unstreitig auf 2.762,44 € beläuft.

2. Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, dass die von der Beklagten geltend gemachten Abmahnkosten und die durch das Ab-schlussschreiben vom 20. Februar 2007 veranlassten Kosten i.S. von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG erforderlich waren und damit grundsätzlich erstattungsfähig sind.
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a) Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die von der Beklagten am 27. November 2006 ausgesprochene Abmahnung wegen eines Verstoßes der Klägerin gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 10 Abs. 1 HWG berechtigt war.

b) Die Beklagte war nicht gehalten, die Abmahnung und das Abschluss-schreiben von ihrer Rechtsabteilung fertigen zu lassen. Nach der Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs kommt es im Rahmen des Kostenerstattungs-rechts auf die tatsächliche Organisation eines an einem Rechtsstreit beteiligten Unternehmens und nicht darauf an, welche Organisation das Gericht für zweckmäßig erachtet. Dementsprechend braucht sich ein Unternehmen, das keine Rechtsabteilung unterhält, nicht so behandeln zu lassen, als ob es über eine eigene Rechtsabteilung verfügte (vgl. BGH, Beschl. v. 23.1.2007 - I ZB 42/06, GRUR 2007, 726 Tz. 15 = WRP 2007, 957 - Auswärtiger Rechts-anwalt VI; Urt. v. 8.5.2008 - I ZR 83/06, GRUR 2008, 928 Tz. 13 = WRP 2008, 1188 - Abmahnkostenersatz).
Diese Grundsätze gelten auch für die Erstattung außergerichtlich ange-fallener Kosten des Gläubigers eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs. Ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung ist grundsätzlich nicht verpflichtet, dieser neben der rechtlichen Überprüfung der eigenen geschäftlichen Aktivitä-ten auch die Überprüfung der Wettbewerbshandlungen der Mitbewerber auf ihre wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit zu übertragen. In gleicher Weise steht es einem Unternehmen, das seine Rechtsabteilung mit der Überprüfung der Zulässigkeit der Wettbewerbshandlungen eines Mitbewerbers betraut hat, grundsätzlich frei, die bei festgestellten Wettbewerbsverstößen vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG regelmäßig gebotene Abmahnung entweder selbst oder durch beauftragte Rechtsanwälte aussprechen zu lassen (BGH GRUR 2008, 928 Tz. 14 - Abmahnkosten-ersatz). Die Anschlussrevision erhebt insoweit auch keine Rügen.

3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten gegen die An-nahme des Berufungsgerichts, die Erstattungsansprüche der Beklagten aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG und §§ 677, 683, 670 BGB beliefen sich - nur - auf insgesamt 1.989,40 €.
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Be-klagten ein Anspruch auf Erstattung der für die Anforderung der Abschlusser-klärung veranlassten Kosten zusteht. Dieser Aufwendungsersatzanspruch ist nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683, 670 BGB) begründet (Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 12 Rdn. 181; Retzer in Harte/Henning, UWG, 2. Aufl., § 12 Rdn. 662; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche An-sprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 43 Rdn. 30; im Ergebnis ebenso, aber mit anderer Begründung - § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG analog - Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 12 Rdn. 1.78).

b) Mit Recht hat das Berufungsgericht des Weiteren angenommen, dass die Anforderung der Abschlusserklärung hinsichtlich der Rechtsanwaltsgebüh-ren nicht mehr zum vorangegangenen Eilverfahren, sondern zur Hauptsache-klage gehört und das Abschlussschreiben daher als eine neue, selbständig zu honorierende Angelegenheit i.S. des § 17 Nr. 4 lit. b RVG anzusehen ist. For-dert der Rechtsanwalt im Auftrag seines Mandanten nach Erwirkung einer auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügung den Anspruchsgegner dazu auf, die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen und auf die Rechte aus §§ 924, 926 und 927 ZPO zu verzichten, so will er auf diese Weise die Klaglosstellung seines Mandanten und damit ein Ergebnis erzielen, wie es nur mit dem Hauptsacheprozess erreicht werden kann. Aus diesem Grund gehört die von ihm entfaltete weitere Tätigkeit sachlich zum Hauptsa-cheprozess und damit zu einer nach § 17 Nr. 4 lit. b RVG vom Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verschiedenen Angelegen-heit (BGH, Urt. v. 4.3.2008 - VI ZR 176/07, WRP 2008, 805 Tz. 9 = GRUR-RR 2008, 368; Urt. v. 12.3.2009 - IX ZR 10/08, WRP 2009, 744 Tz. 8). Die Zuord-nung eines Abschlussschreibens zum Hauptsacheverfahren setzt nicht voraus, dass bereits ein Auftrag zur Hauptsacheklage erteilt worden ist. Vielmehr ge-nügt es, dass der Mandant dem Rechtsanwalt einen über die Vertretung im Eil-verfahren hinausgehenden Auftrag erteilt hat (BGH WRP 2009, 744 Tz. 11).
c) Für das Abmahnschreiben vom 27. November 2006 hat das Beru-fungsgericht der Beklagten den von ihr geltend gemachten Kostenerstattungs-anspruch in Höhe von 1.353,80 € zuerkannt. Dagegen hat die Revisionserwide-rung nichts erinnert.

d) Den von der Beklagten für das Abschlussschreiben vom 20. Februar 2007 geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 2.687,60 € hat das Berufungsgericht dagegen nur in Höhe von 635,60 € für begründet er-achtet, weil es sich bei der Anforderung der Abschlusserklärung um ein Schrei-ben einfacher Art gehandelt habe, für das lediglich eine 0,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 RVG VV anfalle. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision der Beklagten bleiben ohne Erfolg.

aa) In der Rechtsprechung der Instanzgerichte wird allerdings überwie-gend die Auffassung vertreten, dass es sich bei einem Abschlussschreiben in der Regel nicht um ein Schreiben einfacher Art i.S. von Nr. 2302 RVG VV han-dele, so dass die dafür anfallende Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG VV zu bemessen sei (1,3 Geschäftsgebühr: OLG Hamm, Urt. v. 2.7.2009 - 4 U 39/09, juris Tz. 7; KG, Urt. v. 3.4.2008 - 10 U 245/07, juris Tz. 21; OLG Hamm, Urt. v.3.5.2007 - 4 U 1/07, juris Tz. 14; 0,8 Geschäftsgebühr: OLG Hamburg [3. Zivil-senat] WRP 2009, 1152 Tz. 37; OLG Hamburg, Urt. v. 21.5.2008 - 5 U 75/07, juris Tz. 59; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.10.2007 - 20 U 52/07, juris Tz. 25; LG Hamburg, Urt. v. 2.10.2009 - 324 O 174/09, juris Tz. 10).

bb) Nach Ansicht des Senats ist die für ein Abschlussschreiben entstehende Geschäftsgebühr im Allgemeinen auf der Grundlage von Nr. 2300 RVG VV zu berechnen, die einen Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 vorsieht. Ein Abschlussschreiben erschöpft sich in der Regel nicht in einer bloßen Bezugnahme auf die bereits ergangene einstweilige Verfügung, sondern verfolgt ins-besondere das Ziel, einen Verzicht des Antragsgegners auf sämtliche Gegen-rechte herbeizuführen. Der Schwierigkeitsgrad eines solchen Schreibens ist da-her in der Regel höher anzusetzen als bei bloßen Zahlungsaufforderungen, Mahnungen oder Einwohnermeldeamtsanfragen, die anerkanntermaßen der Nr. 2302 RVG VV unterfallen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., Nr. 2302 VV Rdn. 3). Zudem bedarf es nach Zugang der Abschlusserklärung im Regelfall einer Prüfung, ob die abgegebene Erklärung zur Erreichung des Si-cherungsziels inhaltlich ausreicht (vgl. Ahrens/Ahrens, Der Wettbewerbspro-zess, 6. Aufl., Kap. 58 Rdn. 11).
cc) Das verhilft der Revision der Beklagten unter den im Streitfall gege-benen Umständen indes auch nicht teilweise zum Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass es sich bei dem Abschlussschreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 20. Februar 2007 um ein Schreiben einfacher Art gehandelt hat. Die gegenüber der Klägerin ausgesprochene Auf-forderung zur Abgabe der Abschlusserklärung erforderte keine erneute rechtli-che Prüfung des Sachverhalts. Der von der Beklagten im Eilverfahren vertrete-ne Rechtsstandpunkt war nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts in der mündlichen Verhandlung über den Widerspruch der Klägerin vom Gericht als zutreffend bestätigt worden, was die Klägerin zur Rücknahme ihres Widerspruchs veranlasst hatte. Dementsprechend wird im Abschlussschreiben vom 20. Februar 2007 auf die mündliche Verhandlung im Eilverfahren, in der die Klägerin bereits die Abgabe einer Abschlusserklärung in Aussicht gestellt hatte, Bezug genommen. In rechtlicher Hinsicht wird lediglich ausgeführt, die Klägerin möge bestätigen, dass sie die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkenne und auf die Rechte aus den §§ 924, 926 und 927 ZPO verzichte. Hierbei handelt es sich nur um eine Standardformulie-rung, die üblicherweise in einem Abschlussschreiben enthalten ist. Die von der Klägerin abgegebene Erklärung erforderte im Streitfall auch keine umfassende rechtliche Prüfung, ob sie ausreichend war, da sie sich inhaltlich im Wesentli-chen mit dem von der Beklagten im Abschlussschreiben Verlangten deckte.

4. Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision kann sich die Klägerin gegenüber der von der Beklagten erklärten Aufrechnung nicht mit Erfolg auf ein Aufrechnungsverbot berufen. Die Anwendung des § 393 BGB kommt nicht in Betracht, weil der Zahlungsanspruch der Klägerin nicht aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung der Beklagten resultiert. Ebenso wenig ste-hen der Aufrechnung der Beklagten Sinn und Zweck der Vorschrift des § 717 Abs. 2 ZPO entgegen, die gewährleisten soll, dass der aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils in Anspruch Genommene seine Leistung zur Abwehr der Vollstreckung nach Aufhebung des Titels sogleich zurückerhält (vgl. BGHZ 136, 204). Denn die Klägerin kann ihren Zahlungsanspruch nicht auf diese Bestim-mung stützen. Im Übrigen schließt das Bestehen eines Schadensersatzan-spruchs aus § 717 Abs. 2 ZPO die Möglichkeit einer Aufrechnung nicht generell aus. Besonderheiten gelten lediglich für eine Aufrechnung mit der Klageforde-rung selbst (vgl. BGHZ 136, 199, 204 f.; MünchKomm.ZPO/Krüger aaO § 717 Rdn. 19 f.). Ein solcher Sonderfall liegt hier nicht vor.

III. Danach sind die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 92 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch

Vorinstanzen:
AG Hamburg, Entscheidung vom 15.08.2007 - 22A C 134/07 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 29.01.2008 - 312 S 1/07 -