03. März 2006
CSP RECHTSANWÄLTE Czeckay & Partner - Medienanwalt untersagt Zeitungsverlag die Veröffentlichung von Zitaten aus einem presserechtlichen Informationsschreiben

KAMMERGERICHT BERLIN

Urteil

9 U 117/05

 

Tenor: 

Auf die mündliche Verhandlung vom 03.03.2006 hat der 9. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Nippe, den Richter am Kammergericht Langematz und den Richter am Landgericht Lenk fur Recht erkannt:

 

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung das Urteil des Landgerichts vom 28.04.2005 - 27 0 49/05 - teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an ihrem Komplementär, zu unterlassen, aus zukiinftigen „presserechtlichen Informationsschreiben" des Klägers wie hinsichtlich des Schreibens des Klägers vom 16.09.20" in Heft Nr. ... /20... der „N... R... geschehen zu zitieren.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand: 
Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschrift „NM RH ", in deren Ausgabe Nr. ... /20" der im Urteil des Landgerichts vom 28.04.2005 auf Seite 3 wiedergegebene Artikel erschien, der sich mit der bekannten Fernsehjournalistin und Talkmasterin Sabine C. befasst. Im Rahmen dieser Berichterstattung zitierte die Beklagte aus einem an ihre Geschäftsführung gerichteten „presserechtlichen Informationsschreiben" des Klägers, das der Kläger in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt von Frau C.n übersandt hatte. Wegen des Inhalts des Schreibens wird auf Seite 4 des Tatbestandes des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Der Kläger sieht sich durch die Veröffentlichung aus seinem „Informationsschreiben" in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und hat die Beklagte daher auf Unterlassung von Zitaten aus presserechtlichen Informationsschreiben, insbesondere aus dem Informationsschreiben vom 16.09., in Anspruch genommen.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht Berlin hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Der Beklagten ist das Urteil des Landgerichts vom 28.04.2005 am 12.05.2005 zugestellt worden. Mit ihrer am 10.06.2005 eingelegten und nach Fristverlängerung bis zum 12.08.2005 am 12.08.2005 begründeten Berufung verfolgt die Beklagte die Abweisung der Klage unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung weiter.

Die Beklagte meint, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe nicht. Der Kläger sei allenfalls marginal und am äußersten Rande seiner Persönlichkeitssphäre berührt. Diese geringfügige persönlichkeitsrechtliche Beeinträchtigung werde durch ein öffentliches Informationsinteresse aufgewogen. Der Kläger habe, weil er das gegenständliche Schreiben nicht mit dem sonst verwendeten Zusatz

 

„Dieses Schreiben ist ausschließlich zur presserechtlichen Interessenwahrnehmung und nicht zur Veröffentlichung bestimmt"

 

einen Vertrauenstatbestand geschaffen, dass sie das Schreiben veröffentlichen dürfe. Jedenfalls sei das ausgesprochene Verbot zu weit gefasst.

Der Kläger hat die Klage im Termin teilweise zurückgenommen. Er beantragt nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an ihrem Komplementär, zu unterlassen, aus zukünftigen „presserechtlichen lnformationsschreiben" des Klägers wie hinsichtlich des Schreibens des Klägers vom 16.09. in Heft Nr. ... /20... der „N... R... "geschehen zu zitieren.

Die Beklagte hat der teilweisen Klagerücknahme zugestimmt und beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts vorn 28.04.2005 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt die tragenden Erwagungen des angefochtenen Urteils.

 

Entscheidunqsqründe: 
Die zulassige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäR §§ 823, analog 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG ein Anspruch in dem nach teilweiser Klagerücknahme begehrten Umfang auf Unterlassung des Zitierens aus „presserechtlichen Informationsschreiben" wie hinsichtlich des Schreibens des Klägers vom 16.09.20... in Heft Nr.    /20... der „N... R..."geschehen zu.

Der Klager ist durch die (auszugsweise) Veröffentlichung seines Schreibens vom 16.09. rechtswidrig in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.
Zwar werden über den Kläger als Person lediglich drei Informationen mitgeteilt (Name, Beruf und Mandatsverhältnis zu Frau C.) und betrifft der Rest der streitgegenständlichen Passage Frau C. selbst, als deren Vertreter bzw. „Sprachrohr" der Kläger zitiert wird. Mithin befasst sich die Darstellung im Kern bzw. Schwerpunkt mit den persönlichen Verhältnissen von Frau Christiansen.
Auch ist das, was der Klager als „presserechtliches Informationsschreiben" bezeichnet, in der Regel - und auch hier - nichts anderes als der Hinweis des Anwalts des/der betroffenen Mandanten/in, dass der/die Mandant/in der angekündigten und/oder jedentalls (möglicherweise) bevorstehenden Text- und/oder Bildberichterstattung widerspricht und diese für unzulässig hält, da ihr/sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt ist.
Die individuelle Betroffenheit des Klägers folgt jedoch daraus, dass die beanstandete Berichterstattung auf die beruflichen Verhältnisse des Klägers ausstrahlt.

Es geht hier - anders als die Berufung meint - nicht darum, dass über den Kläger lediglich die oben genannten drei Informationen verbreitet werden, die für sich betrachtet lediglich eine teilweise Darstellung seiner beruflichen Tätigkeit beinhalten, damit der Sozialsphäre zuzuordnen und isoliert betrachtet vom Kläger möglicherweise hinzunehmen wären.
Maßgeblich ist statt dessen, dass das Schreiben des Klägers vom 16.09. im Rahmen der anwaltlichen Rechtewahrnehmung für seine Mandantin an die Geschäftsführung der Beklagten gesandt und in diesem unmissverständlich gesagt wurde, dass eine Berichterstattung über eine erfolgte Trennung von Frau C. und Herrn Dr. S... falsch wäre und deshalb zu unterbleiben habe. Es wurde ebenso zum Ausdruck gebracht, dass jegliche Berichterstattung über das Thema „Trennung" - also auch nur die Kolportierung von Gerüchten - unterbleiben sollte.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist mit der Veröffentlichung zwar keine Geheimsphäre betroffen; auch keine berufliche. Vielmehr geht es um die Sozialsphäre, nämlich die berufliche Tätigkeit des Klägers für seine Mandantin gegenüber einem Dritten, der keine Vertraulichkeit zugesagt hat.
Jedoch ergibt sich aus dem Schreiben eindeutig - auch wenn es entgegen früheren „presserechtlichen Informationsschreiben" des Klägers den Passus „Dieses Schreiben ist ausschließlich zur presserechtlichen Interessenwahrnehmung und nicht zur Veröffentlichung bestimmt" nicht enthält -‚ dass der Kläger die Kenntnisnahme seines Inhalts und die Verbreitung des Schreibens nur an den aus dem Schreiben ersichtlichen Adressatenkreis wollte.
Schon in der „Leserbrief-Entscheidung hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass grundsätzlich dem Verfasser allein die Befugnis zusteht, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form seine Aufzeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (NJW 1954, 1404, 1405; eingeschränkt durch BVerfG NJW 2000, 2416 für die Veröffentlichung in einem wissenschaftlichen Werk); und dass der Verfasser grundsätzlich allein bestimmen kann, wem gegenüber seine schriftliche Äußerung zugänglich gemacht wird, er also den Adressatenkreis bestimmen kann (s.a. BGH NJW 1980, 2070, 2071 - Eppler).
Ein generelles Verbot, aus Schriftsätzen von Rechtsanwälten zu zitieren, ist damit zwar nicht verbunden. Das gilt auch für „presserechtliche Informationsschreiben". Es sind durchaus Fallgestaltungen vorstellbar, in denen die Presse erwähnen darf, dass der/die Mandant/in durch einen Anwalt eine Meldung dementiert und/oder die insoweit zu erwartende Berichterstattung untersagt wissen will.

Im Streitfall liegt jedoch ein nicht unerheblicher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt vor. Das Schreiben sollte - für die Beklagte erkennbar - eine die Privatsphäre von Frau C. betreffende Berichterstattung gerade verhindern. Die Berufsausübung eines auf dem Gebiet des Medienrechts tätigen Rechtsanwalts und die effektive Rechtewahrnehmung der Mandanten wird behindert und erschwert, wenn wie hier aus einem „presserechtlichen Informationsschreiben" - zudem nur teilweise und durch Verschweigen der Aufforderung zur Unterlassung der Berichterstattung sinnentstellend - ohne Einwilligung zitiert wird. Dies läuft jedenfalls dann den elementaren Interessen eines/einer um Diskretion bemühten Mandanten/in zuwider, der bzw. die - wie hier - den Anwalt gerade zu dem Zweck mandatiert hat, eine Presseberichterstattung über sein Privatleben zu verhindern. Es konterkariert das übertragene Mandat, wenn der/die Mandant/in zeitnah nach der Auftragserteilung in einer Illustrierten nicht nur den zu verhindernden Bericht, sondern auch das Statement seines/ihres Anwalts nachlesen kann. Der Rechtsanwalt (hier der Kläger) wird damit gegen sich selbst ins Feld geführt.

Dieser Art der Vermarktung der anwaltlichen Tätigkeit des Klägers steht ein berechtigtes Informationsinteresse nicht gleichwertig gegenüber. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beklagte über die Trennungsgerüchte der Mandantin des Klägers und ihres Partners berichten durfte. Mit Recht weist das Landgericht darauf hin, dass die Beklagte ein etwaiges Interesse der Allgemeinheit am Stand der Partnerschaftsbeziehung von Frau C... einschließlich der Erwähnung eines Dementis der Trennungsgerüchte hätte befriedigen können, ohne das Schreiben des Klägers zum Gegenstand ihrer Berichterstattung zu machen.
Der Persönlichkeitsschutz des Klägers kann hier im Rahmen seiner Mandatswahrnehmung entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dadurch relativiert werden, dass der Kläger in der Öffentlichkeit zu medienrechtlichen Fragen durch Interviews, Publikationen und juristische Stellungnahmen hervorgetreten ist.

Die Beklagte durfte nicht auf ein Einverständnis des Klägers mit der Veröffentlichung der „presserechtlichen Mitteilung" vertrauen. Auf die journalistische Anfrage der Beklagten wies der Kläger im an die Geschäftsführung der Beklagten gerichteten Schreiben vom 16.09.20... „ausdrücklich und nachhaltig" darauf hin, dass die Aussagen (Trennung von Frau C... von Herrn Dr. S... ) jeder Grundlage entbehren und insofern für eine Berichterstattung keinerlei Anlass besteht und dass er davon ausgehe, dass die Beklagte von einer entsprechenden Berichterstattung Abstand nimmt. Es bedurfte aufgrund dieser unmissverstandlichen Äufklerung keiner - wie in einigen weiteren Schreiben des Klägers enthaltenen - zusatzlichen Erklärung, dass das Schreiben ausschlieglich zur
presserechtlichen Interessenwahrnehmung und nicht zur Veröffentlichung bestimmt 1st. Das Landgericht stellt zu Recht darauf ab, dass der Kläger keineswegs in all semen Schreiben, auch wenn in anderen Fallen geschehen, darauf hinzuweisen hat, dass diese nicht zur Veröffentlichung bestimmt sind. Mallgeblich ist allein der Charakter des Schreibens, der keinen Zweifel daran entstehen lassen konnte, dass es nicht zu Veröffentlichung vorgesehen ist.

Zum Umfang des Verbotstenors weist der Senat darauf hin, dass er ausgehend von der konkreten Verletzungsform auch unter Berücksichtigung der sogenannten „Kerntheorie" (vgl. BGH NJW 2000, 2195, 2196) nur Ober die Fallgestaltung zu entscheiden hatte, dass die Beklagte in einem Bericht Ober eine Mandantin/einen Mandanten des Klagers aus einem sogenannten „presserechtlichen lnformationsschreiben" des Klagers wie in Heft Nr. .../20... der „N... R... " geschehen unter dessen Namensnennung zitiert.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 516 Abs. 3 ZPO. Die Antragseinschränkung 1st mit 1/3 zu berücksichtigen. Es handelt sich nicht nur urn eine sprachliche Korrektur, sondern urn eine inhaltliche Einschrankung. Die Entscheidung Ober die vorlaufige Vollstreckbarkeit ergeht gemall § 713 ZPO.

Die Revision war nicht gemag § 543 Absatz 2 ZPO zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur
Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Nippe  Langematz    Lenk

 

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