Tenor:
- Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 17.07.2019 – 28 O 470/18 – zu Ziff. 2 – 4 des Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:
„2. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger jeweils 5.000 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2018 zahlen.
- Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger 1.358,86 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2018 zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“
Im Übrigen werden die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Beklagten zu jeweils 3/7 und der Kläger zu 1/7.
- Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Hinsichtlich des Tenors zu Ziff. 1 der angegriffenen Entscheidung bleibt die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit in Ziff. 5 der angegriffenen Entscheidung unberührt.
- Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e:
I.
Die Parteien streiten vorliegend um Ansprüche auf Unterlassung, Geldentschädigung sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten wegen der Veröffentlichung eines Lichtbildes des Klägers in zwei Presseberichterstattungen der Beklagten vom 13. und 20.06.2016, wegen deren Einzelheiten auf die Ablichtungen in Anlagen K 1 und K 2 (AH) verwiesen wird. Das Lichtbild zeigt den Kläger mit einem Getränk in der Hand in der Nähe von die sog. Reichskriegsflagge hochhaltenden Fußballfans – mit denen der zufällig vor Ort anwesende Kläger tatsächlich unstreitig aber in keinerlei Verbindung stand. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Sachanträge wird im Übrigen auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung vom 17.07.2019 (Bl. 66 ff. d.A.) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 04.09.2019 (Bl. 115 d.A.) Bezug genommen.
Mit diesem Urteil hat das Landgericht die Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen zur Unterlassung der Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers in den beiden Berichterstattungen sowie zur Tragung anteiliger vorgerichtlicher Anwaltskosten verurteilt. Es hat die Bildberichterstattung – weil der Kläger selbst mit dem berichteten zeitgeschichtlichen Ereignis (Hooligankrawalle während der Fußballweltmeisterschaft 2016) tatsächlich in keinerlei Verbindung gestanden habe – als nicht nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gerechtfertigt angesehen. § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG greife mangels Teilnahme des Klägers an einer Versammlung ebenfalls nicht ein. Die Vermutung der Wiederholungsgefahr sei nicht durch den (streitigen) Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Gunsten eines Dritten wegen des Lichtbildes in Wegfall geraten. Ein Anspruch des Klägers auf Geldentschädigung bestehe hingegen nicht, weil der Kläger weder Widerruf noch Richtigstellung geltend gemacht und erst im Dezember 2018 Klage erhoben habe. Das lange Zuwarten lasse Rückschlüsse auf das Gewicht der Persönlichkeitsrechtsverletzung zu. Etwaiges Verschulden seines 2016 beauftragten Anwalts müsse er sich zurechnen lassen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 66 ff. d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil haben sich zunächst beide Parteien mit ihren Berufungen gewendet. Nachdem der Senat wegen einer zunächst geplanten Zurückweisung beider Berufungen am 28.10.2019 einen Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO erteilt hat, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 190 ff. d.A. Bezug genommen wird, haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 18.11.2019 ihre Berufung zurückgenommen. Sie führen nunmehr Anschlussberufung im Umfang der erfolgten Verurteilung.
Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung die abgewiesenen erstinstanzlichen Klageanträge in vollem Umfang weiter. Das Landgericht habe verkannt, dass bei Bildveröffentlichungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung ohnehin geringere Anforderungen gelten (BGH v. 12.12.1995 – VI ZR 223/94, NJW 1996, 985, 986). Es habe bei der Prüfung eines „unabwendbaren Bedürfnisses“ zu Unrecht auf erst nach der Veröffentlichung (und damit erst nach der Verletzung) liegende Umstände abgestellt. Ein derartiges eigenständiges Tatbestandsmerkmal finde sich – wie der Senat im erteilten Hinweis erkannt habe – in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht, da diese nur bei den einzelnen Merkmalen – insbesondere beim Vorliegen einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung und der Frage nach einer anderweitigen Ausgleichsmöglichkeit – auf eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles abstelle. Eine solche Abwägung habe das Landgericht hier aber versäumt und die geschilderten – und unter Beweis gestellten – Belastungen für den Kläger durch die Veröffentlichung in der reichweitenstärksten Boulevardzeitung in Verbindung mit dem anpragernden Vorwurf, als rechtsradikaler Hooligan an gewalttätigen Ausschreitungen und damit an Straftaten beteiligt gewesen zu sein, gar nicht erst in die gebotene Abwägung eingestellt.
Das Landgericht habe zu Unrecht auf einen – hier jedenfalls nicht zumutbar in Betracht kommenden – Widerruf oder eine Richtigstellung rekurriert; derartige Bemühungen hätten den Kläger nur erneut in die Öffentlichkeit gezerrt und seien zum Ausgleich der erlittenen Beeinträchtigung bei einer Bildveröffentlichung wie vorliegend auch untauglich. Soweit der Senat die Problematik im Hinweis erkannt, aber eine (weitere) Erforderlichkeitsprüfung im Rahmen der Gesamtabwägung oder innerhalb des Tatbestandsmerkmals des „unabwendbaren Bedürfnisses“ durchgeführt habe, sei auch dies in der höchstrichterlichen Rechtsprechung so nicht verankert, sondern es sei nur zu den von der Rechtsprechung herausgebildeten Prüfungspunkten jeweils (inzident) eine Gesamtabwägung geboten, die jedoch hier zu Gunsten des Klägers ausgehe. Eine quasi „übergeordnete“ (weitere) Erforderlichkeitsprüfung werde zwar im Schrifttum (Burkhardt, in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 14 Rn. 127 und Soehring/Hoene, PresseR, 6. Aufl. 2019, Rn. 32.65) als Unterpunkt eines Tatbestandsmerkmals eines „unabweislichen Bedürfnisses“ oder „unabwendbaren Bedürfnisses“ vertreten, schränke den (gerade bei Internetveröffentlichungen) gebotenen Geldentschädigungsanspruch aber zu stark ein; dieser Fehlentwicklung sei entgegenzutreten. Da der Kläger einen unbezifferten Anspruch gestellt habe, dürfe der Senat – entgegen seinem Hinweis – nicht zu Lasten des Klägers annehmen, man würde den Vorfall selbst nur am unteren Rand des überhaupt erst geldentschädigungswürdigen Geschehens ansiedeln, zumal der Kläger sich an der (zu) restriktiven deutschen Rechtsprechung orientiert habe, keine übermäßigen Prozessrisiken eingehen könne, sich darüber hinaus von einer absoluten Untergrenze – die bei 2.500 EUR anzusiedeln sei – noch entfernt habe und der Senat jederzeit über die Wertangaben im Rahmen des § 287 ZPO hinausgehen könne. Maßgeblich sei vor allem das Argument einer zeitlichen Verzögerung von 13 1/2 Monaten, denn der Kläger sei hier gerade nicht vorwerfbar untätig geblieben. Das – hinreichend erläuterte – zögerliche Verhalten des Streitverkündeten sei dem Kläger dabei gerade nicht zuzurechnen, zumal dieser dem Kläger – wie mit Tatberichtigungsbeschluss geklärt – damals unstreitig eine Klageerhebung versichert und den Kläger vertröstet habe sowie nach Beauftragung des nunmehrigen Bevollmächtigten die Handaktenherausgabe bis Oktober 2018 verschleppt habe, was sogar zu Beschwerden bei der Rechtsanwaltskammer geführt habe. Es fehle eine Zurechnungsnorm und ein Zurechnungszusammenhang, wegen des Abstellens auf die persönliche Betroffenheit und wegen des Prinzips der Unmittelbarkeit des Geldentschädigungsanspruchs könne das Verhalten eines Dritten bei der Geldentschädigung nicht schädlich sein. Im Zeitpunkt der Verletzung (= Veröffentlichung) sei der Streitverkündete weder Erfüllungs- noch Verrichtungsgehilfe gewesen. Ein Organisationsverschulden sei dem Kläger als juristischem Laien nicht, jedenfalls nicht wesentlich vorzuwerfen und die Frist zur Klageerhebung von ca. 6 Wochen nach der letzten Abmahnung sei – auch wegen der unstreitigen Probleme mit der Handaktenherausgabe – nicht zu beanstanden. Letztlich drohe eine mehr oder weniger willkürliche Klageabweisung, zumal bisher keine ausreichend klare höchstrichterliche Rechtsprechung zur vermeintlich relevanten Zeitverzögerung als Ausschlusskriterium erkennbar sei. Das aus dem Prozessrecht bekannte Rechtsinstitut der Selbstwiderlegung der Dringlichkeit sei nicht auf das materielle Recht und insbesondere nicht nach hier auf die Geldentschädigung zu übertragen. Ein auch nach Auffassung des Senats mit der Veröffentlichung entstandener Anspruch könne dogmatisch nicht durch späteres zögerliches Verhalten (willkürlich) in Wegfall geraten und so quasi nachträglich vernichtet werden. Es sei alleinfalls ein Fall der Verjährung und/oder Verwirkung zu prüfen (auf den anerkennten Prüfungsstufen „Anspruch untergegangen/Anspruch durchsetzbar?“). Dafür fehle es aber hier an jedweden Anhaltspunkten. Im Gegenteil hätten die Beklagten wegen des Anschreibens aus dem Jahr 2016 nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger keine Geldentschädigungsansprüche mehr verfolgen würde. Folgerichtig bestehe auch ein weitergehender Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
Im Übrigen verteidigt der Kläger das Urteil im Umfang seines erstinstanzlichen Obsiegens unter Vertiefung seines Vortrages. Die Anschlussberufung sei wegen der bewussten Rücknahme der eigenen Berufung und der deswegen eintretenden Rechtskraft unzulässig, weil § 524 Abs. 2 ZPO auf die Fälle des § 516 ZPO nach dem Normzweck nicht anzuwenden sei; jedenfalls liege ein Fall der Treuwidrigkeit vor (§ 242 BGB). In der Sache sei die Anschlussberufung unbegründet. § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG sei schon nicht einschlägig, u.a. weil keine Zusammenkunft der Abgebildeten mit innerer Verbundenheit vorgelegen habe. Der – weiterhin nicht vorgelegte – angebliche andere gerichtliche Titel nebst Abschlusserklärung zu Gunsten eines Dritten lasse die Wiederholungsgefahr wegen des individuellen Charakters des Persönlichkeitsrechts nicht entfallen; die wettbewerbsrechtlichen Grundsätze seien nicht anwendbar bzw. selbst nach der vom Landgericht zitierten Rechtsprechung eine hier jedenfalls nicht einschlägige Ausnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Klägervortrages wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 165 ff. d.A.) und die Schriftsätze vom 21.10.2019 (Bl. 188 d.A.), vom 21.11.2019 (Bl. 218 ff. d.A.) und vom 30.01.2020 (Bl. 274 ff. d.A.) verwiesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
- unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 17.07.2019 – 28 O 470/18 –
- die Beklagten jeweils gesondert zu verurteilen, an den Kläger eine der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellte Geldentschädigung zzgl. 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegender Zinsen seit dem 01.11.2018 für die unter Ziff. 1 des angegriffenen Urteils angeführten Verletzungen zu zahlen, die einen Betrag von jeweils 7.500,00 EUR nicht unterschreiten sollte;
- die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger über den ausgeurteilten Betrag hinaus weitere 303,22 EUR zzgl. 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegender Zinsen seit dem 01.11.2018 für vorprozessuale Rechtsanwaltskosten zu zahlen;
- die Anschlussberufung der Beklagten als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.
Die Beklagten beantragen im Wege der Anschlussberufung sinngemäß,
- unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 17.07.2019 – 28 O 470/18 – die Klage insgesamt abzuweisen;
- die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagten verfolgen mit ihrer Anschlussberufung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihre Klageabweisungsanträge weiter. Sie sind der Ansicht, dass das Landgericht die Reichweite des § 23 Abs. 1 Nr. 1, aber jedenfalls des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG verkannt habe, weil diese Norm weit zu verstehen sei und hier zulässig das in der Öffentlichkeit stattfindende Gesamtgeschehen – das Auftreten der deutschen Fans – gezeigt worden sei. Der Leser erkenne dabei auch, dass nicht jede der abgebildeten Personen mit der Flagge etwas zu tun gehabt habe. Zumindest fehle in Anwendung der von BGH v. 04.06.2019 – VI ZR 440/18, juris aufgestellten Grundsätze hier eine Vermutung der Wiederholungsgefahr.
Hinsichtlich der Berufung des Klägers verteidigen die Beklagten die Entscheidung des Landgerichts im Umfang der Teilklageabweisung. Es fehle schon an einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung, da der Kläger vom durchschnittlichen Rezipienten gar nicht mit der Fahne als Hooligan assoziert werde. Entgegen dem Hinweis des Senats hätte der Kläger Gegendarstellungs- und/oder Richtigstellungsansprüche verfolgen müssen, zumal es um ein in der Öffentlichkeit stattfindendes Geschehen gegangen sei bei dem ohnehin allenfalls eine geringe Anzahl von Personen auf die Idee hätte kommen können, dass gerade auch der Kläger zu den gewaltbereiten Fans gehört habe. Jedenfalls sei das Zuwarten mit dem Senat schädlich. Das Verschulden des Streitverkündeten sei dem Kläger gemäß § 78 ZPO zuzurechnen und könne jedenfalls nicht die unbeteiligten Beklagten treffen. Es bestehe zudem auch ein Eigenverschulden des Klägers, weil er seinen Anwalt um Übersendung der Klageschrift und gerichtlicher Schriftstücke hätte bitten müssen und etwa auch wegen der Gerichtskosten viel früher „den Braten hätte riechen“ müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beklagtenvortrages wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 139 ff. d.A.) und die Anschlussberufungsschrift (Bl. 259 ff. d.A.) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg und führt in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichenUmpfang zur Abänderung des landgerichtlichenUrteils, überdies zur Zulassung der Revision. Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist hingegen unbegründet; ein Revisionszulassungsgrund besteht mit Blick darauf nicht.
- Die Anschlussberufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
- a) Sie ist allerdings – dies entgegen der Rechtsauffassung des Klägers – zulässig. Denn die auf den Hinweis des Senats hin zunächst erfolgte Rücknahme der Berufung der Beklagten schließt trotz des auf diesen Fall sicherlich unmittelbar nicht passenden § 524 Abs. 2 S. 1 ZPO anerkanntermaßen eine spätere Anschlussberufung nicht aus (st. Rspr. seit RG v. 24.02.1897 – V 21/97, RGZ 38, 430, 431 f.; v. 10.02.1937 – V 108/36, RGZ 153, 348, 349; siehe auch etwa nur OLG Stuttgart v. 21.01.1960 – 3 U 131/59, NJW 1960, 1161; MüKo-ZPO/Rimmelspacher, 5. Aufl. 2016, § 516 Rn. 21; § 524 Rn. 31; Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 524 Rn. 39; BeckOK-ZPO/Wulf, Ed. 37, § 524 Rn. 9; Rosenberg, Anm zu OLG Düsseldorf v. 27.03.1950 – 2 U 188/49, NJW 1950, 824, 825; Ahrens, in Hirtz u.a., Berufung im Zivilprozess, 6. Aufl. 2020, Kap. 13 Rn. 73). Das im Laufe der Zeit teilweise etwas geänderte Verständnis des Verhältnisses von Verzicht und Rücknahme (dazu in Auseinandersetzung mit RGZ a.a.O. etwa nur BGH v. 09.12.1993 – IX ZR 64/93, BGHZ 124, 305), hat darauf mit den zitierten Kommentarstimmen richtigerweise ebenso wenig Einfluss wie der jedenfalls im Regelfall des § 524 Abs. 2 ZPO möglicherweise doch etwas andere Normzweck. Rechtskraftfragen stellen sich in einem solchen Fall ebenfalls nicht, weil die Rechtskraft insgesamt nicht eintritt, so lange ein Rechtsmittel anhängig ist (§ 705 S. 2 ZPO), bei dem – wie hier dann der Fall – die Anschließung nach den gesetzlichen Grundlagen noch möglich ist (statt aller Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 705 Rn. 7). Auch ein im Prozessrecht theoretisch denkbarer Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) liegt nicht vor, zumal gerade in den Fällen eines Hinweises nach § 522 Abs. 2 ZPO an beide Parteien diejenige Partei, die ihre Berufung dennoch fortführt, mit einer solchen Anschließung durchaus rechnen muss, auch wenn der Gegner zunächst nach dem Hinweis des Berufungsgerichts das eigene Rechtsmittel – möglicherweise nur aus Kostengründen und in der Hoffnung einer endgültigen Beilegung des Rechtsstreits durch gleichförmiges Einlenken des Gegners – zurückgenommen hat.
- b) Die Anschlussberufung ist jedoch in der Sache unbegründet, wie im Hinweisbeschluss des Senats vom 28.10.2019 bereits ausgeführt. Denn dem Kläger steht vorliegend der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die streitgegenständlichen Bildberichterstattungen aus § 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB, §§ 22 f. KUG zu.
- aa) Das Landgericht hat in der angegriffenen Entscheidung die abstrakten Grundsätze des sog. abgestuften Schutzkonzepts im Rahmen der §§ 22, 23 KUG zutreffend aufgezeigt und korrekt angewendet, worauf hier zur Meidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen werden kann.
- bb) Soweit das Landgericht im Rahmen der gebotenen Abwägung bei § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dann aber auf den im konkreten Fall entstehenden (unwahren) Eindruck abgestellt hat, der Kläger sei den rechtsradikalen Hooligans zuzurechnen, teilt der Senat diese Einschätzung ausdrücklich.
(1) Dieser aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten entstehende Eindruck ist im Gesamtkontext der Bildunterschriften und der Wortberichterstattung auch – was auch hier erforderlich ist (vgl. für das Äußerungsrecht auch BGH v. 02.07.2019 – VI ZR 494/17, NJ 2019, 453. 30; Senat v. 07.07.2018 – 15 U 127/17, BeckRS 2019, 7664 Rn. 20) – unabweislich. Soweit die Beklagten demgegenüber meinen, nicht jeder durchschnittliche Rezipient komme hier überhaupt auf die Idee, dass wirklich alle auf dem Foto abgebildeten Personen etwas mit der Flagge und/oder dem sonstigen berichteten Verhalten deutscher Hooligans in A zu tun haben, mag dies abstrakt vielleicht sogar zutreffen. Indes berücksichtigt dies nicht, dass der Kläger schon durch seine recht stämmig und „mannhaft“ wirkende und im Bild eher auffällige Statur – dies mit einem schaumgekrönten Getränk in der Hand, dem Betrachter als einziger der Abgebildeten frontal zugewandt und obendrein „mit breiten Schultern“ vor der sog. Reichskriegsflagge stehend, mit eher spärlichem Haupthaar, schwarzem Shirt/Schuhen und Cargohose – zum einen rein optisch durchaus zu den anderen Abgebildeten und den eigentlichen Haltern der Flagge „passte“ und sich so in das abgelichtete Geschehen (vermeintlich) perfekt „einfügte.“ Davon, dass der Kläger mit geradem Rücken einen solch „mannhaften“ Eindruck hinterlässt und deswegen hier auch besonders gut identifizierbar war, konnte sich der Senat im Termin einen plastischen eigenen Eindruck verschaffen. Zum anderen fügten sich hier dann auch die beschriebenen weiteren Umstände – insbesondere das eher spärliche Haupthaar des Klägers, die schwarze Kleidung und das Getränk in der Hand – in landläufige Hooligan-Klischees ein, so dass man den Kläger letztlich aus Betrachtersicht zwingend als einen der „Rechtsradikalen „Fans“ aus B“ (Anlage K 1) verstehen musste bzw. einen der „50 deutschen Hooligans“ mit ihrem „Aufmarsch mit Reichskriegsflagge“ (Anlage K 2).
Soweit die Beklagten hinsichtlich der Veröffentlichung in Anlage K 1 damit argumentiert haben, dass jeder, der den Kläger kenne, diesen schwerlich mit „“Fans“ aus B“ in Verbindung bringen würde, ist das ebenfalls unbeheflich. Denn auch bei einem Wohnsitz in C und einer herausragenden Position in einem Autohaus der Region ist aus Sicht des durchschnittlichen Lesers keineswegs ausgeschlossen, dass der Kläger möglicherweise persönliche Wurzeln in B und Umgebung hat oder einfach nur sonst ein Anhänger eines dortigen – für ihn ortsfremden – Fußballclubs ist, so dass er duchaus auch mit einer Gruppe “Fans“ aus B“ aufgetreten sein könnte; zumal dies sogar theoretisch auch Gegenstand eines spontanen Anfreundens und „Hineinratens“ vor Ort gewesen sein könnte in einem möglichen gruppendynamischen Prozess. Selbst in D sind – wie dem Senat aus eigener Anschauung sogar in den Hallen des Oberlandesgerichts bekannt ist – zudem nicht automatisch alle lokalen Fußballfreunde zwingend Anhänger des E. Zwar mögen im konkreten Fall gute Bekannte des Klägers dies besser wissen (und ihn so auch gerade nicht mit den abgelichteten Hooligans in Verbindung gebracht haben). Doch ist schon dies – unter dem oben geschilderten Motto: „Wo ist er da hineingeraten“? – nicht unbedingt zwingend. Gerade der etwas entferntere Bekanntenkreis, normale Kunden des Autohauses und sonstige Personen, die den Kläger nur wegen des Lichtbildes später als vermeintlichen Hooligan wiedererkennen konnten, verfügen ohnehin ersichtlich nicht über etwaiges „Sonderwissen“ zur Person, so dass der Kläger nach der Veröffentlichung bei einem Gesprächspartner in der Tat nicht mehr wissen konnte, was dieser – unterstellt in Kenntnis der Veröffentlichung – noch von ihm halten würde.
(2) Diesen Umstand und den so hier entstandenen unwahren Eindruck einer Verbindung des Klägers zu den Hooligan-Ausschreitungen bzw. dem Zeigen der sog. Reichskriegsflagge bei der Abwägung dann maßgeblich zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen, ist mit dem Landgericht allein zutreffend und überzeugend: Der Senat hat zuletzt im Urteil vom 12.04.2018 – 15 U 112/17, juris Rn. 34 [NZB zurückgewiesen durch BGH –VI ZR 212/18] ausgeführt, dass es bei (wie hier) unstreitiger Sachlage auf die Frage der unterschiedlichen Darlegungs- und Beweislast bei § 23 Abs. 1 und 2 KUG nicht ankommt und daher dahinstehen kann, ob solche begleitenden Umstände und daraus drohende Irreführungsgefahren schon direkt im Rahmen der Abwägung innerhalb des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG oder (spätestens) erst im Rahmen des § 23 Abs. 2 KUG zu prüfen sind, da dies dann keinen entscheidungsrelevanten Unterschied macht. Der Senat hat a.a.O. ausgeführt:
„Historisch sollte § 23 Abs. 2 KUG nicht nur verhüten, dass Vorgänge des persönlichen, häuslichen und Familienlebens an die Öffentlichkeit gezogen werden, sondern auch, dass ein Bildnis für Zwecke verwendet wird, mit denen, ohne dass bereits der Fall einer strafrechtlichen Beleidigung vorliegt, doch eine „Verletzung der dem Abgebildeten schuldigen Achtung oder eine Kränkung oder die Gefahr einer sonstigen Benachteiligung“ verbunden ist (Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 11. Legislaturperiode, II. Session, 2. Anlagenband, S. 1541). Dabei wurde schon in den Kommissionsberatungen ein Antrag abgelehnt, dass die Verletzung der berechtigten Interessen nur durch das „Bildnis an sich“ erfolgen müsse, weil man über solche Fälle hinaus (Beispiele waren u.a. der Staatsmann im Badekostüm) gerade auch den Fall erfassen wollte, dass die „Umstände, unter denen die Veröffentlichung erfolgt, ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten auf Unterlassung der Verbreitung wachrufen“, wobei als Beispiel u.a. das geflissentliche Zusammenstellen des Bildnisses des Betroffenen mit demjenigen einer moralisch minderwertigen Person in einer Weise, welches das Empfinden des Abgebildeten verletzen muss, genannt wurde (a.a.O., S. 4685). Dass § 23 Abs. 2 KUG nicht nur im Bildnis selbst liegende Interessenbeeinträchtigungen – wie etwa bei Fotos aus der Intimsphäre (vgl. BGH v. 22. 01.1985 – VI ZR 28/83, NJW 1985, 1617) – sondern auch Beeinträchtigungen allein aufgrund der Begleitberichterstattung erfasst, entspricht daher zu Recht der allgemeinen Ansicht (st. Rspr, vgl. etwa nur BGH v. 10.05.1957 – VI ZR 234/55; BGHZ 24, 200, 208 f.; v. 21.04.2015 – VI ZR245/15, GRUR 2015, 816 Tz. 27 und aus dem Schrifttum etwa Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht, 1991, S. 176 ff. m.w.N.). Durch das eingangs aufgezeigte abgestufte Schutzkonzept der §§ 22 f. KUG können solche Umstände heute jedoch bei der ohnehin schon im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG erforderlichen Abwägung Berücksichtigung finden. So können bereits dort etwa Fälle erfasst werden, bei denen Bedenken an der Bildnisveröffentlichung gerade aus einer unwahren Begleitberichterstattung im konkreten Kontext entstehen (vgl. zur Gefahr einer Personenverwechslung und § 23 Abs. 2 KUG etwa BGH v. 15.01.1965 – I b ZR 44/63, NJW 1965, 1374 – wie uns die anderen sehen; v. 05.01.1962 – VI ZR 72/61, NJW 1962, 1004 – Doppelmörder und zur Verfälschung des Lebensbildes BGH v. 15.11.1957 – I ZR 83/56, BGHZ 26, 52 – juris Tz. 29; den Gesichtspunkt ebenfalls schon bei § 23 Abs. 1 KUG prüfend OLG Frankfurt v. 18.09.1986 – 6 W 232/86, GRUR 1987, 62 – Missmanagement und deutlich zum Wahrheitsschutz Endress Wanckel, Foto- und Bildrecht, 5. Aufl. 2017, Rn. 214). Nichts anderes gilt für Fälle, in denen der Betroffene mit der begleitenden Berichterstattung vorgeführt und sozial angeprangert wird (zu § 23 Abs. 2 KUG BGH v. 16.09.1966 – VI ZR 268/64, juris Tz. 47 – vor unserer eigenen Tür; Helle, a.a.O., S. 177, 183). Folgerichtig ist heute auch schon zu § 23 Abs. 1 KUG anerkannt, dass sich bei einer Wort-Bild-Berichterstattung die Unzulässigkeit der Bildnisveröffentlichung im Einzelfall allein oder im Wesentlichen nur aus dem begleitenden Text ergeben kann (BGH v. 09.03.2004 – VI ZR 217/03, GRUR 2004, 592, 594 – Charlotte Casiraghi; v. 28.09.2004 – VI ZR 305/03, GRUR 2005, 74, 76 – Charlotte Casiraghi II; v. 28.09.2004 – VI ZR 302/03, BeckRS 2004, 10912; v. 28.09.2004 – VI ZR 303/03, BeckRS 2004, 10278 = AfP 2004, 533; sinngemäß auch BGH v. 30.09.2003 – VI ZR 89/02, GRUR 2004, 590…).“
Nicht anders liegt der Fall hier. Trotz des fraglos hohen öffentlichen Berichterstattungsinteresses an den Hooligan-Krawallen und dem tagesaktuellen Bezug der Berichterstattung ist kein überwiegendes Interesse zu erkennen, gerade den Kläger damit (zu Unrecht) inhaltlich in Verbindung zu bringen. Soweit die Beklagten zuletzt vor allem auf vermeintlich offene und höchstrichterlich klärungsbedürftige Fragen zu § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG rekurrieren, kommt es auf das Vorliegen von dessen tatbestandlichen Voraussetzungen im Detail nicht an, weil mit dem Vorgenannten auch insofern jedenfalls § 23 Abs. 2 KUG wegen der – wie gezeigt – entstandenen Irreführung über die Beteiligung des Klägers am Geschehen einschlägig ist und so auch einen Unterlassungsanspruch begründet.
- cc) Das Landgericht ist auf S. 8 f. der angegriffenen Entscheidung schließlich auch zutreffend davon ausgegangen, dass die durch die festgestellte Erstverletzung begründete Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht später erschüttert worden und in Wegfall geraten ist. Die Berufung legt weiterhin weder die angebliche Unterlassungsverfügung noch das angebliche Abschlussschreiben zu Gunsten des Dritten vor. Darauf kommt es mit dem Landgericht aber auch nicht entscheidend an: Denn auch nach der von den Beklagten vorgelegten Entscheidung des BGH v. 04.06.2019 – VI ZR 440/18, juris, ist der Wegfall der Wiederholungsgefahr zum einen von einem inhaltsgleichen Unterlassungsanspruch des Dritten und dessen Sicherung abhängig (BGH a.a.O., Rn. 25; siehe auch BGH v. 04.12.2018 – VI ZR 128/18, NJW 2019, 1142 Rn. 15). Schon daran fehlt es, weil der Tenor hier nach eigenem Vortrag ein etwas anderer sein soll und auch nicht das Bildnis des Klägers betrifft, so dass bei einer ausreichenden Verpixelung (nur) des Anspruchsstellers das Foto mit der Abbildung (auch) des Klägers im Übrigen immer noch verbreitet werden könnte, ohne damit einen Verstoß gegen die einstweilige Verfügung zu riskieren. Zum anderen kann davon, dass die Wiederholungsgefahr in der Regel durch die Unterwerfung gegenüber einem Dritten entfalle, wie es unter Bezugnahme auf die gerichtliche Praxis teilweise für den Bereich des Wettbewerbsrechts angenommen wird, im Falle der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ohnehin nicht generell ausgegangen werden (BGH a.a.O., Rn.. 31 sowie BGH v. 04.12. 2018 – VI ZR 128/18, NJW 2019, 1142 Rn. 21), denn es handelt sich jedenfalls dort um eine gesondert begründungsbedürftige Ausnahme. Für das Recht am eigenen Bild als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann folgerichtig aber nichts anderes gelten. Die behauptete endgültige Klärung gegenüber einer dem Kläger nicht bekannten Privatperson kann bei gebotener Gesamtwürdigung die Vermutungswirkung des Erstverstoßes daher hier allein nicht in Wegfall geraten lassen, zumal an die Entkräftung anerkanntermaßen strenge Anforderungen zu stellen sind (BGH a.a.O. Rn. 23, 31) und unstreitig auch keinerlei Verbindung zwischen den sich nicht bekannten Personen besteht. Allerdings schließt das abstrakt nicht die Möglichkeit für den Verletzer aus, darzulegen und zu beweisen, dass auch eine gegenüber einem Dritten abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung im konkreten Einzelfall dennoch geeignet ist, ihn wirklich und ernsthaft von Wiederholungen der Verletzung auch gegenüber dem Betroffenen abzuhalten (sog. Drittunterwerfung). Ob die Wiederholungsgefahr deshalb so weit reduziert ist, dass die für sie sprechende Vermutung als entkräftet angesehen werden kann, ist dann im Einzelfall zu entscheiden (BGH a.a.O. Rn. 23, 30). Neben dem oben bereits zur Identität und zur Verpixelung Gesagten ist hier aber insbesondere der Umstand in die Bewertung einzubeziehen, dass ungesichert ist, ob und wie der Dritte als Privatmann dauerhaft bereit ist, das Verbot weiter durchzusetzen und ihm zustehende Sanktionsmöglichkeiten auch im Sinne des Klägers auszuschöpfen. Allein der lange Zeitablauf seit der Löschung rechtfertigt für sich genommen – zumal die Beklagte ihre Veröffentlichung bis zuletzt so vehement verteidigt, dass zu bezweifeln ist, ob dies nur als prozessuale Verteidigung gemeint ist – keine andere Sichtweise.
- Dem Kläger steht – dies entgegen dem Landgericht – aber auch ein Anspruch auf Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG in oben tenoriertem Umfang und folgerichtig auch ein weitergehender Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gegen die Beklagten zu.
Der Senat hält – wie im Termin eingehend ausgeführt – an seinen Bedenken aus dem Hinweisbeschluss vom 28.10.2019 (Bl. 190 ff. d.A.) nach erneuter Beratung so nicht mehr in vollem Umfang fest. Denn eine Zurechnung des Fehlverhalten des damaligen Rechtsanwalts (= Streitverkündeten) scheidet nach näherer Prüfung aus Rechtsgründen aus, so dass insgesamt ein Anspruch in ausgeurteilter Höhe besteht. Ansprüche aus Art. 82 DSGVO sind aus den im Hinweisbeschluss genannten Gründen dabei nicht zu prüfen (vgl. Art. 99 DSGVO).
- a) Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, begründet eine schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen auf den grundgesetzlichen Gewährleistungen der Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG fußenden (vgl. BVerfG v. 26.08.2003 – 1 BvR 1338/00, NJW 2004, 591 m.w.N.) Anspruch auf Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und deswegen eine Geldentschädigung erforderlich ist. Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen. Außerdem ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den erlittenen Eingriff besteht als auch ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe. Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen darf, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (st. Rspr., vgl. etwa nur BGH v. 21.04.2015 – VI ZR 245/14, NJW 2015, 2500; v. 14.11.2017 – VI ZR 534/15, juris Rn. 19 m.w.N.). Speziell bei Bildveröffentlichungen ist zudem zu beachten, dass dort ein anderweitiger Ausgleich in der Regel tatsächlich kaum zu erreichen und deswegen die Anforderungen an die Zubilligung einer Geldentschädigung dort nicht zu streng zu handhaben sind (st. Rspr., vgl. BGH v. 12.12.1995 – VI ZR 223/94, NJW 1996, 985, 986; siehe auch Endress Wanckel, Foto- und BildR, 5. Aufl. 2017, Rn. 272). Auch dies ist aber Frage des Einzelfalls, allein die Annahme einer heimlichen Fertigung der Lichtbilder genügt dafür etwa nicht (Senat v. 03.11.2016 – 15 U 66/16, NJW-RR 2017, 748 – Urlaubsfotos; ebenso Senat v. 12.04.2018 – 15 U 131/17, BeckRS 2019, 2362; vgl. zuletzt gegen Geldentschädigung auch etwa Senat v. 30.07.2020 – 15 U 313/19, n.v.).
- b) Soweit die Berufung rügt, dass das vom Landgericht angeprüfte Merkmal eines „unabwendbaren Bedürfnisses“ in der höchstrichterlichen Rechtsprechung so keinen Niederschlag findet, ist das – wie im Hinweisbeschluss bereits betont – formal zutreffend. Das – bisweilen auch vom Senat in früheren Entscheidungen am Rande angesprochene (Senat v. 16.03.2017 – 15 U 134/16, BeckRS 2017, 133470 Rn. 29; v. 14.04.2016 – 15 U 193/15, BeckRS 2016, 19799 Rn. 19) – Merkmal eines „unabwendbaren“ oder „unabweislichen“ Bedürfnisses wird zwar teilweise im Schrifttum als eigenes Prüfungsmerkmal angeführt (Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 14 Rn. 127 ff.; Soehring/Hoene, in: diess., Pressrecht, 6. Aufl. 2019, Rn. 32.43, 32.65; BeckOGK-BGB/Herrmann, Stand: 01.02.2020, § 823 Rn. 1704 ff. jeweils unter Verweis auf dies so nicht tragende Fundstellen aus der Rechtsprechung). Richtigerweise ist dies jedoch allein Frage der (außer Zweifel stehenden) Subsidiarität des Instituts der Geldentschädigung; die dort behandelten Fragen gehen in der oben aufgezeigten Abwägungsentscheidung auf Grund aller Umstände des Einzelfalls auf und sind mithin kein eigenständiges (weiteres) Prüfungsmerkmal (vgl. bereits Senat v. 28.10.2019 – 15 U 185/19, n.v.; v. 21.04.2020 – 15 U 10/20, n.v.).
- c) Unter Zugrundelegung der zu a) genannten und so auch allgemein anerkannten Prämissen besteht hier ein Zahlungsanspruch des Klägers in oben tenoriertem Umfang.
- aa) Mit dem zur Anschlussberufung Gesagten liegt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers in Form der Verletzung von dessen Recht am eigenen Bild vor.
- bb) Diese Persönlichkeitsrechtsverletzung war „schwerwiegend“ und eine Geldentschädigung war auch „erforderlich“, zumal die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße nicht auf andere Weise hinreichend ausgleichbar ist; dies jeweils bei gebotener Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles.
(1) Über die bloße unbefugte Bildnisveröffentlichung hinaus ergab sich die besondere „Schwere“ insbesondere daraus, dass der unstreitig in keinerlei Zusammenhang mit dem Verhalten der „deutschen Hooligans“ in A stehende Kläger aus Sicht des durchschnittlichen Lesers mit dem möglicherweise sogar strafrechtlich relevanten Gruppenverhalten unmittelbar in Verbindung gebracht worden ist. Die unverpixelte Bildveröffentlichung, die den Kläger trotz der geringen Bildgröße gut erkennen lässt und mit seiner dem Betrachter zugewandten Körperhaltung, dem Getränk in der Hand und dem aus dem Bild optisch hervorstechenden Kopf/Gesicht doch eher in den Vodergrund der abgebildeten Gruppe stellt, ist in einem besonders auflagenstarken und weit verbreiteten Medium erfolgt und geht – ohne dass es auf die streitgen Details zu kritischen Ansprachen aus dem Kunden- und Bekanntenkreis ankommen würde – ersichtlich mit einer ausgesprochen hohen Prangerwirkung zu Lasten des Klägers einher. Selbst unterstellt, dass ein Betrachter nicht alle auf dem Lichtbild abgebildeten Personen mit dem berichteten Geschehen in Verbindung bringen mag, gilt dies aus oben bereits genannten Gründen jedenfalls nicht für den hier ganz eindeutig als Hooligan gebrandmarkten Kläger. Dass diese Anprangerung angesichts des Verbreitungsgrades der Veröffentlichungen und angesichts des mit seinem Gesicht aus dem Foto hervorstechenden Klägers von erheblicher, auch nachhaltiger Tragweite war, steht für den Senat dabei außer Frage, auch wenn man die im Hinweisbeschluss erörterte Tatsache würdigt, dass sich manche entstandenen Unklarheiten insbesondere im Bekanntenkreis und bei Sportfreunden möglicherweise recht schnell klarstellen ließen.
Der Senat verkennt ausdrücklich nicht, dass Anlass und Beweggrund der Beklagten das ganz erhebliche öffentliche Interesse an dem (leidigen) Dauer-Thema „Hooligans“ war, welches damals wegen der Weltmeisterschaft im Nachbarland auch ganz besonders tagesaktuell im Fokus der Öffentlichkeit stand. Das ändert aber nichts daran, dass der Kläger mit dem beschriebenen Geschehen selbst gerade nichts zu tun hatte und insofern tritt dann auch in der Abwägung zurück, dass die Berichterstattung sich nicht speziell gegen den Kläger, sondern die vermeintliche Gruppe der Hooligans richtete; für den zu Unrecht damit in Verbindung gebrachten Kläger blieb der Eingriff dennoch schwer.
Diese Schwere entfällt auch nicht dadurch, dass die Onlineberichterstattung zu einem recht frühen Zeitpunkt um das streitgegenständliche Lichtbild „bereinigt“ worden ist, weil gerade in den ersten Tagen die Verbreitung erfahrungsgemäß besonders groß war; für die auflagen- und reichweitenstarke Printberichterstattung ist das ohnehin irrelevant.
Soweit der Kläger selbst mit seinen Angaben zu einem Mindestbetrag von 7.500 EUR bei seinem zulässigen unbezifferten Klageantrag zur Geldentschädigung noch eher zurückhaltend agiert hat, trägt dies allein keinen Schluss auf eine fehlende Schwere; der Senat hat dies im Hinweisbeschluss eher auch nur als ein mögliches Kriterium in der Abwägung der Folgen eines Zuwartens verwertet (dazu unten). Sofern man eine Untergrenze zum Ausgleich eines überhaupt noch geldentschädigungswürdigen Geschehens anerkennen will, läge diese in der Tat eher erst bei 2.500 EUR (so OLG DRESDEN v. 13.02.2018 – 4 U 1234/17, BeckRS 2018, 3656 Rn. 3; Soehring/Hoene, in: Soehring/Hoene, Pressrecht, 6. Aufl. 2019, Rn. 32.81; Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 14 Rn. 143); dies entspricht auch der Linie des Senats in ständiger Rechtsprechung.
(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch von einem – sofern man das so überhaupt für erforderlich halten mag – „schweren“ Verschulden der Beklagten auszugehen, da offenbar ohne jede inhaltliche Nachrecherche in der Bildunterschrift (Printversion) und Begleitberichterstattung inhaltliche Aussagen zu den Abgebildeten getätigt worden sind, die alle dabei mehr oder weniger „über einen Kamm geschoren“ wurden. Ob darin eine besonders „grobe“ Missachtung presserechtlicher Sorgfaltspflichten liegt, mag dahinstehen, denn eine solche ist anerkanntermaßen nicht Voraussetzung für einen Geldentschädigungsanspruch (BGH v. 24.09. 2019 – VI ZR 208/18, juris). Entgegen dem Klägervertreter geht der Senat jedenfalls nicht von einer vorsätzlichen Verletzungshandlung aus, wenn auch – was für die Bemessung der Geldentschädigung durchaus relevant ist – andererseits von keinem ganz leichten Verschulden auszugehen ist, weil einer professionellen Redaktion die Folgen einer solch plakativen Berichterstattung für die Abgebildeten klar vor Augen stehen müssen und daher im Vorfeld sicherzustellen ist, dass die mit der Veröffentlichung verbundene Sachaussage auf die erkennbaren Personen auch tatsächlich zutrifft.
(3) Auch an der Erforderlichkeit einer Geldentschädigung zum hinreichenden Ausgleich hat der Senat keine durchgreifenden Zweifel.
(a) Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist zwar anerkanntermaßen ein – wie hier schlussendlich der Fall – erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen; der Titel und die mit ihm verbundenen Vollstreckungsmöglichkeiten können einen Geldentschädigungsanspruch beeinflussen oder im Einzelfall auch ausschließen (st. Rspr., vgl. BGH v. 24.05.2016 – VI ZR 496/15, ZUM-RD 2016, 571 Rn. 9; v. 21.04.2015 – VI ZR 245/14, NJW 2015, 2500 Rn. 33; v. 30.06.2009 – VI ZR 340/08, BeckRS 2009, 20080 Rn. 3; dies billigend etwa auch BVerfG v. 02.04.2017 – 1 BvR 2194/15, NJW-RR 2017, 879; EGMR v. 17.03.2016 – 16313/10, NJW 2017, 2891 Rn. 75). Ist hier aber zu berücksichtigen, dass die Beklagte bis zuletzt um die Zulässigkeit der Bildveröffentlichung gerungen hat, tritt der Aspekt daher bei der Abwägung jedenfalls ganz deutlich zurück.
(b) Soweit das Landgericht darauf abgestellt hat, dass eine Geldentschädigung als Ausnahmerechtsbehelf im Zweifel mangels Erforderlichkeit ausscheidet, wenn die erlittene Beeinträchtigung auch durch Widerruf oder Richtigstellung zumindest bis zu einem gewissen Maß auszugleichen ist (st. Rspr., vgl. etwa BGH v. 22.01.1985 – VI ZR 28/83, juris Rn. 27), greift dies bei der streitgegenständlichen Bildberichterstattung nicht durch; die Beeinträchtigung konnte und kann dadurch nicht in anderer Weise befriedigend und zumutbar aufgefangen werden.
(aa) Das folgt allerdings nicht schon daraus, dass bei Bildveröffentlichungen die Anforderungen an die Zuerkennung einer Geldentschädigung anerkanntermaßen nicht allzu zu streng zu handhaben sind. Ohnehin löst nicht jede Verletzung des Rechts am eigenen Bild einen Anspruch des Betroffenen auf Geldentschädigung aus, sondern nur, wenn es sich nach den Umständen, die dem Fall das Gepräge geben, um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann (von Strobl-Albeg, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 9 Rn. 41; Wanckel, Foto- und Bildrecht, 5. Auflage Rn. 270). Da die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild darin besteht, dass dem Verletzten – anders als in den anderen Fällen, in denen er etwa den Widerruf oder die Richtigstellung einer sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Äußerung verlangen kann – gegen eine solche Rechtsverletzung regelmäßig keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zu Gebote stehen, sind an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs zwar etwas geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsverletzung zu stellen (BGH v. 12.12.1995 – VI ZR 223/94, NJW 1996, 985; Wanckel, Foto- und Bildrecht, 5. Auflage, Rn. 272; Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 14 Rn. 103, 126). Das ist aber kein Automatismus, zumal es vorliegend weniger um das Lichtbild als um die damit verbundene Sachaussage geht. Aber auch bei einem – wie hier – durch Kombination einer Wort-/Bildberichterstattung entstehenden falschen Eindruck kann es durchaus eine Geldentschädigung geben (dazu OLG Dresden v. 13.02.2018 – 4 U 1234/17, BeckRS 2018, 3656 Rn. 6 f.; Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 14 Rn. 104); dies ist Frage des Einzelfalles und hier letztlich zu bejahen.
(bb) Richtig ist zwar, dass der Ausnahmerechtsbehelf der Geldentschädigung subsidiär ist und ein Anspruch nicht besteht, wenn ein angemessener Ausgleich der erlittenen Beeinträchtigung auf anderem Weg erreicht werden kann. Dies scheidet für eine Veröffentlichung des Bildnisses als solches aber regelmäßig und auch hier aus. Da der besondere Angriffsgehalt jedoch gerade in dem erst in Kombination mit der Wortberichterstattung liegenden unwahren Eindruck besteht, wäre theoretisch zwar eine Gegendarstellung und/oder Richtigstellung denkbar. Ungeachtet der Tatsache, dass der Kläger aber auch diese wie die (eigentlich deutlich „klarere“) Unterlassung zweifelsfrei hätte streitig gerichtlich durchsetzen müssen – die dem entgegenstehende Darstellung der Beklagten im Termin ist ersichtlich als eine reine Schutzbehauptung angesichts des Verhaltens selbst hinsichtlich des Unterlassungsantrages zu werten – und dies die Ausgleichseignung deutlich minderte, waren diese beiden Institute jedenfalls im konkreten Fall als Ausgleich ohnehin nicht geeignet bzw. jedenfalls nicht zumutbar (allg. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 14 Rn. 147 m.w.N.).
Die Beklagten verkennen insbesondere, dass etwaige Ansprüche auf Gegendarstellung oder Richtigstellung gerade an den erweckten (unwahren) Eindruck hätten anknüpfen müssen, der Kläger sei einer der gewaltbereiten „Hooligans“ bzw. der „rechtsradikalen „Fans“ aus B“ und an der Präsentation der sog. Reichskriegsflagg“ beteiligt (Anlage K 1) bzw. sei (Anlage K 2) einer der „mehr als 50 deutschen(n) Hooligans“, die in A ukrainische Fans angegriffen haben nach dem „Aufmarsch mit Reichskriegsflagge“. Gegendarstellungen sind zwar auch gegen verdeckte Behauptungen (Eindruckserweckungen) als Tatsachenbehauptung denkbar und dies ist insbesondere möglich, wenn es – wie hier – um eine Kombination von Bild- und Textberichterstattung geht (Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 11 Rn. 24 m.w.N.). Die Durchsetzung und Formulierung ist dann aber alles andere als einfach (zu den Details etwa Seitz, Der Gegendarstellungsanspruch, 5. Aufl. 2017, Kap. 6 Rn. 12- 17 b, 35 ff.; Soehring/Hoene, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 6. Aufl. 2019, Rn. 29.18 f., 29.30; Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap 11 Rn. 19 f., 81) und faktisch wäre eine Gegendarstellung sinnvoll wohl nur unter erneuter Einblendung des Bildes möglich gewesen, weil bei einer Eindruckserweckung die Anknüpfungspunkte dafür im Grundsatz mitzuteilen sind (allg. Burkhardt, a.a.O., Kap. 11 Rn. 81, 102; zu Fotos bei der Gegendarstellung auch allg. Seitz, Der Gegendarstellungsanspruch, 5. Aufl. 2017, Kap. 5 Rn. 134a, 144, Kap. 6, 78; Kap. 7 Rn. 31). Dies wiederum war – wie im Hinweis des Senats ausgeführt – dem aus dem Foto als Person besonders „hervorstechenden“ Kläger verständigerweise nicht zuzumuten (und hätte als Begehren auch die prozessuale Durchsetzung gegenüber den Beklagten nicht einfacher gemacht). Daher mag auch dahinstehen, ob und wie ein Gegendarstellungsverlangen überhaupt faktische Voraussetzung für das Durchsetzen einer Geltentschädigung sein kann (dazu Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 14 Rn. 123 f.).
Ähnliche Bedenken bestehen hinsichtlich einer Richtigstellung, die bei verdeckten Äußerungen zwar ebenfalls möglich (Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 6. Aufl. 2019, Rn.31.8., 31.12), aber in der Durchsetzung gleichsam nicht einfach ist. Auch hier wird in solchen Fällen nicht selten das Foto erneut abzudrucken sein (vgl. allg. Gamer/Pfeifer, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap 13 Rn. 63); darauf war der Kläger aus genannten Gründen aber nicht zu verweisen. Dass die erste anwaltliche Abmahnung vom 30.07.2016 (AH) am Rande auch – ohne Problembewusstsein hinsichtlich der korrekten Fassung des Begehrens – Richtigstellung verlangt hat, trägt hier keine andere Sichtweise, zumal auch damals schon (zu Recht) eine Geldentschädigung eingefordert worden ist.
(4) Die Erforderlichkeit einer Ausgeichzahlung ist – entgegen dem ersten Hinweis des Senat – schließlich auch nicht durch ein schuldhaftes langes Zuwarten unter Zurechnung vor allem auch des Verhaltens des damaligen Anwalts des Klägers entfallen; allein soweit der Kläger (auch) selbst die Angelegenheit schuldhaft nicht zügig genug betrieben hat, kann und muss dies bei der Abwägung zu seinen Lasten berücksichtigt werden.
(a) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers kann und muss – wie im Hinweisbeschluss des Senats bereits ausgeführt – im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs auf Geldentschädigung ein schuldhaftes Zuwarten mit der Rechtsverfolgung im Rahmen der Gesamtabwägung durchaus Berücksichtigung finden, weil dies regelmäßig ein Licht darauf wirft, welche geringe Bedeutung der Betroffene selbst der unrichtigen Darstellung für seine Person beigemessen haben muss. Der Senat hat im Urt. v. 28.05.2019 – 15 U 39/18, n.v. ausgeführt, dass ein Bedürfnis für eine Geldentschädigung bzw. ihre „Gebotenheit“ zum Ausgleich der erlittenen Beeinträchtigung fehlen bzw. ein Anspruch zumindest zu mindern sein kann, wenn mit der gebotenen und angesichts der geschilderten Betroffenheit zu erwartenden Rechtsverfolgung von Abwehransprüchen, aber eben auch (nur) des an eine Verletzung als Ausgleichsinstrument anknüpfenden Geldentschädigungsanspruchs zu lange zugewartet wird (vgl. allg. BGH v. 30.01.1979 – VI ZR 163/77, NJW 1979, 1041, 1042). Es geht dabei nicht – wie der Kläger meint – um einen systemfremden ungeschriebenen Ausschlussgrund fernab der zivilrechtlichen Systematik (mit Einreden und Einwendungen bei einem anfangs zunächst entstandenen Anspruch). Vielmehr geht es in solchen Fällen eher um eine Art indizielle Selbstwiderlegung der Gewichtigkeit der Umstände, die den Anspruch in der Gesamtbetrachtung erst begründen und im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung das Zuspechen eines weiteren Ausgleichs in Geld in der Gesamtschau noch als erforderlich erscheinen lassen. Weitgehend gesichert ist dies insbesondere dort, wo eine Geldentschädigung erstmals unmittelbar vor Verjährungseintritt gefordert wird (vgl. etwa auch Burkhardt, in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 14 Rn. 130 m.w.N.). Aber auch sonst ist es richtigerweise am Anspruchsteller, sein Untätigbleiben schlüssig zu erklären; faktisch geht es um eine tatsächliche Vermutung, die der Anspruchssteller durch Angaben sachlicher Gründe für die eingetretenen Verzögerungen erschüttern muss. Daher tritt diese Fallgruppe rechtlich neben die üblichen Instrumente der Verjährung (§§ 195, 199 BGB) und der Verwirkung (unklar KG v. 19.07.2018 – 10 U 107/17 (n.v.)). Das Bedürfnis für eine Geldentschädigung kann so schon auf Tatbestandsebene durch zu langes Zuwarten je nach den Umständen des Falles entfallen bzw. zumindest als geringer anzusehen sein, soweit kein nachvollziehbarer Grund für eine zögerliche Behandlung ersichtlich ist (vgl. etwa auch Senat v. 28.08.2017 – 15 U 86/17, n.v.). Der Senat hat bei der Geldentschädigung jedenfalls ein Zuwarten von fast drei Jahren als schädlich angesehen (Senat v. 21.08.2017 – 15 W 47/17, n.v.); aber im Einzelfall auch durchaus schon eine Dauer von knapp einem Jahr (Senat v. 01.09.2016 – 15 U 60/16, BeckRS 2016, 126280). Bei diesen Fristen handelt es sich nicht – insofern ist dem Kammergericht (KG v. 19.07.2018 – 10 U 107/17 (n.v.)) ohne Zweifel zuzustimmen – um ein striktes Ausschlusskriterium oder einen Automatismus, sondern jeweils nur um das Ergebnis einer Gesamtabwägung (vgl. Senat v. 21.12.2017 – 15 U 41/17, n.v. für getrennte Titulierung von Unterlassungsansprüchen in schwierigem Verfahren und Zuwarten mit Geldentschädigung). So kann etwa auch ein längeres Zuwarten durchaus unschädlich sein, wie etwa bei der einen Wettermoderator betreffenden Entscheidung des Senats v. 12.07.2016 – 15 U 175/15, juris (dazu BGH v. 23.07.2018 – VI ZR 352/16, juris), wo der Senat die Schädlichkeit eines Zuwartens zwar angesprochen hat (juris Rn. 276), aber letztlich bis an die Verjährungsgrenze gegangen ist (Rn. 360), es aber eben auch um eine Medienkampagne bis dahin nicht gekannten Ausmaßes bei einem teilweise in Haft sitzenden Betroffenen in einem belastenden laufenden Strafverfahren ging, dem sich an die Haftentlassung noch massive journalistische Nachstellungen anschlossen; hier war das längere Zuwarten folgerichtig nur menschlich verständlich. Der Fall ist mit dem hier vorliegenden singulären Geschehen ersichtlich nicht zu vergleichen.
Die rechtlichen Ausführungen des Klägers rechtfertigen keine generelle Abkehr von der vorstehenden Linie des Senats: Der dogmatischer Ansatz des Klägers, bei Bejahung einer geldentschädigungswürdigen Verletzung könnten spätere Ereignisse nach Veröffentlichung denklogisch nicht mehr relevant werden, wenn sie nicht wie eine Verwirkung (§ 242 BGB) oder die Verjährung in die anerkannten zivilrechtlichen Prüfungskategorien “Anspruch untergegangen?” oder “Anspruch durchsetzbar?” einzusortieren sind, hat zwar sicherlich den Charme der Einfachheit und Rechtsklarheit. Indes ist – wie der Klägervertreter selbst anführt und oben geschildert – auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei der Einzelfallabwägung ein sachlogisch ebenfalls erst nach der Veröffentlichung erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen, welcher einen (entstandenen) Geldentschädigungsanspruch “beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen kann” [vgl. erneut BGH v. 24.05.2016 – VI ZR 496/15, ZUM-RD 2016, 571 Rn. 9; v. 21.04.2015 – VI ZR 245/14, NJW 2015, 2500 Rn. 33; v. 30.06.2009 – VI ZR 340/08, BeckRS 2009, 20080 Rn. 3; BVerfG v. 02.04.2017 – 1 BvR 2194/15, NJW-RR 2017, 879; EGMR v. 17.03.2016 – 16313/10, NJW 2017, 2891 Rn. 75; von einer (nachträglichen) “Verringerung” spricht hier etwa Korte, Praxis des Presserechts, 2. Aufl. 2018, § 5 Rn. 176]. Wird von einem Geschädigten ein ihm zumutbarer und ausgleichsgeeigneter Rechtsbehelf nicht geltend gemacht, kann – wie oben bereits angesprochen – ein Geldentschädigungsanspruch durchaus “entfallen” (so Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 14 Rn. 121 m.w.N.). Auch die erfolgreiche Durchsetzung und Veröffentlichung eines Widerrufs kann mit dem oben dazu Gesagten im Einzelfall das anerkennenswerte Bedürfnis für eine Geldentschädigung (später) “beseitigen” (so Soehring/Hoene, in: Soehring/Hoene, Pressrecht, 6. Aufl. 2019, Rn. 32.59). Es ist auch anerkannt, dass (ebenfalls sachlogisch erst nachträgliche) „freiwillige Maßnahmen“ der Presse zur Schadenskompensation einen Anspruch auf Geldentschädigung verringern oder zum Erlöschen bringen können (vgl. OLG Hamburg v. 24.03.2009 – 7 U 94/08, BeckRS 2009, 12196; Soehring/Hoene, in: Soehring/Hoene, Pressrecht, 6. Aufl. 2019, Rn. 32.60, 32.63). Darin fügt sich die eingangs geschilderte Rechtsprechung des Senats ein. Insofern ist es Ausfluss des Subsidiaritätsgedankens bei der Geldentschädigung als Ausnahmerechtinstitut, dass die Betroffenen eine Art “Obliegenheit” und die Medien im Gegenzug aber eben auch die Möglichkeit haben, durch geeignete Maßnahmen auch nach erfolgter Rechtsverletzung im Nachgang deren Folgen (wieder) zu begrenzen und so das Zusprechen einer Entschädigungsforderung doch zu vermeiden (vgl. auch Soehring/Hoene, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 6. Aufl. 2019, Rn. 32.61) bzw. auf Seiten des Betroffenen durch Unterlassen des Erwirkens solcher Maßnahmen das Bedürfnis für einen Ausgleich in Frage zu stellen. Diese Obliegenheit zwingt den Betroffenen so zur zeitnahen und konsequenten Verfolgung seines – kommen (wie hier) andere Abwehrmaßnahmen nicht oder nicht zumutbar in Betracht – Geldentschädigungsanspruchs, da ein Zuwarten sonst regelmäßig eben ein Licht darauf werfen wird, welche geringe Bedeutung der Betroffene der unrichtigen Darstellung für seine Person beigemessen haben muss; es geht also letztlich hier um ein fehlendes Beeinträchtigungsempfinden (vgl. auch Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 14 Rn. 130), so dass bei vorwerfbarer Untätigkeit ein Genugtuungsbedürfnis geringer erscheint wird und so ein Anspruch auf Geldentschädigung im Einzelfall gemindert oder ausgeschlossen sein kann.
(b) Dies bedeutet aber – entgegen dem ersten Hinweisbeschluss des Senats – nicht, dass dem Kläger auch das nach dem unstreitigen Sachverhalt und der erfolgten Tatbestandsberichtigung feststehende gröbste anwaltliche Fehlverhalten des Streitverkündeten, der den Kläger als seinen Mandanten schlichtweg belogen und eine Klageerhebung vorgespiegelt hat, „zuzurechnen“ ist. Denn die zu (a) geschilderte Herleitung verbietet nach Ansicht des Senats ein Abstellen auf ein Fehlverhalten Dritter, weil es allein und ausschließich auf die zögerliche Rechtsverfolgung durch den Betroffenen und den daraus abzuleitenden Schluss auf sein fehlendes Beeinträchtigungsempfinden und ein deswegen fehlendes Ausgleichsbedürfnis ankommen kann.
(aa) Eine „Zurechnung“ zu Lasten des Klägers kann ersichtlich nicht über §§ 78, 85 Abs. 2 ZPO erfolgen, weil diese Normen sich nur für den Prozess gegen das in der gemeinrechtlichen Praxis bekannte sog. beneficium in integrum restitutionis ob culpam advocati richten (statt aller BGH v. 21.05.1951 – IV ZR 11/51, NJW 1951, 963) und es hier um rein außergerichtliches Verhalten geht.
(bb) Auch eine Zurechnung nach §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB in unmittelbarer oder – weil es eher um eine Art Obliegenheit geht – analoger Anwendung scheidet aus.
- 278 BGB erlaubt – entgegen dem Wortlaut – allerdings anerkanntermaßen nicht nur eine Zurechnung eines Verschuldens/Vertretenmüssens, sondern auch einer Handlung bzw. Pflichtverletzung (MüKo-BGB/Grundmann, 8. Aufl. 2019, § 278 Rn. 50; BeckOGK-BGB/Schaub, Stand: 01.03.2020, § 254 Rn. 16). Während nach h.M. auf Ebene der Schadensentstehung ein Mitverschulden Dritter zwar nur zuzurechnen sein kann, wenn – anders als hier – schon vor dem Schadenseintritt bereits ein Schuldverhältnis unter den Parteien bestand, weil die Norm insofern als Rechtsgrundverweisung verstanden wird (st. Rspr., vgl. etwa BGH v. 12.11.1991 – VI ZR 7/91, NJW 1992, 560, 563; BeckOK-BGB/Lorenz, Ed. 53, § 254 Rn. 40, 41 ff.), ist das nach Eintritt des Schadensereignisses, also bei Schadensabwendung und –minderung, etwas anders. Hier besteht schon durch die deliktische Schädigungshandlung ein (gesetzliches) Schuldverhältnis als Anknüpfungspunkt, so dass ein Mitverschulden von gesetzlichen Vertretern und Hilfspersonen über §§ 254 Abs. 2, 278 BGB hier im Grundsatz zu berücksichtigen sein dürfte (statt aller etwa BeckOK-BGB/Lorenz, Ed. 53, § 254 Rn. 47). Das muss jedenfalls dann gelten, wenn es – wie hier – nach der Verletzungshandlung sogar noch eine Abmahnung gegeben hat.
Doch auch mit Blick darauf ist eine „Zurechnung“ hier schon im Ansatz eher selbst im eigentlichen Bereich des § 254 BGB ungesichert: Der Streitverkündete war nicht gesetzlicher Vertreter des Klägers. Ob er aber als Erfüllungsgehilfe i.S.d. § 278 BGB anzusehen ist, ist gleichsam eher zweifelhaft. Wenn ein Geschädigter Dritte (nur) zur Schadensbehebung/-beseitigung hinzuzieht, erfüllt er nach h.M. keine Pflichten gegenüber dem Schädiger (BeckOK-BGB/Lorenz, Ed. 53, § 254 Rn. 49). Fehler eines Arztes, eines mit der Schadensermittlung beauftragten Sachverständigen oder der vom Geschädigten beauftragten Werkstatt können deshalb nicht über §§ 254 Abs. 2, 278 BGB dem Schädiger durch Anspruchsminderung/-ausschluss zugute kommen (allg. Ansicht, statt aller MüKo-BGB/Oetker, 8. Aufl. 2019, § 254 Rn. 142). Ob dies – entgegen Oetker a.a.O.; Erman/Ebert, BGB, 15. Aufl. 2017, § 254 Rn. 80 – für einen mit der Rechtsverfolgung gegenüber dem Schädiger beauftragten Rechtsanwalt anders ist, ist insgesamt wenig geklärt. Hier ist zwar eine Anwendung des §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB bei anwaltlichen Pflichtverletzungen hintereinander eingeschalteter Anwälte regelmäßig ausgeschlossen. Begeht etwa der erste von zwei nacheinander tätig gewordenen Anwälten einen schadensursächlichen Fehler, der vom zweiten Anwalt nicht erkannt oder nicht behoben wurde, und durfte der Auftraggeber sich auf eine sachgerechte Vertragserfüllung des zuerst tätigen Anwalts verlassen, hat dies zur Folge, dass die Anwälte, die jeweils im Rahmen ihrer selbständigen Pflichtenkreise zum Schaden des Mandanten schuldhaft beigetragen haben, diesem als Gesamtschuldner haften; der Geschädigte Auftraggeber hat sich nicht im Sinne der §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB des zweiten Anwalts bedient, um eine im eigenen Interesse gebotene Obliegenheit zur Abwendung oder Minderung seines Schadens zu erfüllen; nur unter einer solchen Voraussetzung darf das Verschulden eines Dritten dem Geschädigten als Mitverschulden zugerechnet werden (st. Rspr., vgl. etwa BGH v. 20.01.1994 – IX ZR 46/93, NJW 1994, 1211, 1212). Dies soll aber immerhin nicht gelten, wenn der zuletzt eingeschaltete zweite Anwalt gerade auch mögliche Fehler des Erstanwalts untersuchen soll und nur eigene Fehler hinzutreten, dann findet eine Zurechnung statt, weil er im Verhältnis zum Erstanwalt als Erfüllungsgehilfe tätig wird (BGH v. 20.01.1994 – IX ZR 46/93, NJW 1994, 1211, 1212; ebenso RG v. 25.04.1941 – III 61/40, RGZ 167, 76, 80 f.; siehe auch OLG Hamm v. 11.02.1999 – 28 U 153/98, NJW-RR 2000, 1008, 1012). Ob dies zu verallgemeinern ist und deswegen im direkten Verhältnis zu einem Schädiger ein Verschulden eines mit der Reguierung betrauten Anwalts jedenfalls auf Ebene der Schadensminderung generell zuzurechnen ist, ist dennoch nicht abschließend geklärt. Der Anwalt ist zwar hier in der Tat nicht zur Wiederherstellung des früheren Zustandes (wie z. B. eine Reparaturwerkstatt oder ein Arzt) tätig, sondern direkter als Hilfsperson zur Schadensregulierung nach Eintritt des schädigenden Ereignisses herangezogen (im Rahmen des mit der Schädigung entstandenen gesetzlichen Schuldverhältnisses); dies wird verbreitet als Argument für eine Zurechnung herangezogen (deutlich LG Saarbrücken v. 04.04.1997 – 13 AS 108/96, BeckRS 1997, 7728; LG Hagen v. 04.06.1971 – 5 O 59/71, VersR 1973, 531; Staudinger/Schiemann, BGB, 2017, § 254 Rn. 105; BeckOGK-BGB/Looschelders, Stand: 01.03.2020, § 254 Rn. 287; NK-BGB/Knöfler, 3. Aufl. 2016, § 254 Rn. 44; Jahnke, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl. 2020, § 254 Rn. 285; Almeroth, in: Münchener Kommentar zum StVR, 2017, § 254 Rn. 59). Ob dem zu folgen ist, bedarf aber keiner Entscheidung des Senats.
Denn es geht vorliegend nach dem zu (a) Gesagten nicht um eine zuzurechnende Pflicht- oder Obliegenheitsverletzung auf Ebene der Schadensminderung, sondern allein und ausschließlich um eine Bewertung eines besonderen Ausgleichsbedürfnisses beim Betroffenen und der Würdigung eines Zuwartens mit der Rechtsverfolgung in diesem Bereich. Schon wegen des an die Menschenwürde (Art. 1 GG) geknüpften höchstpersönlichen Ansatzes des Ausnahmerechtsinstituts einer Geldentschädigung erscheint eine – auf den ersten Blick einfache – Anwaltszurechnung bei genauerem Hinsehen daher hier als letztlich nicht hinzunehmender Fremdkörper. Es sind auch keine schutzwürdigen Interessen der Beklagten erkennbar, die eine solche Zurechnung im Bereich auch dieses Instituts rechtfertigen würden. Warum diese von einem groben Anwaltsfehler des vom Geschädigten beauftragten Anwalt profitieren sollte, obwohl sich – anders als in den sonstigen Fällen des § 254 BGB insbesondere bei materiellen Schadensentwicklungen – für sie die Situation eigentlich gar nicht verändert hat und bei der auch der (immaterielle) Schaden letztlich gleich bleibt, leuchtet dem Senat letztlich nicht ein. Daher scheidet mangels Vergleichbarkeit auch eine analoge Anwendung der Zurechnungsregelungen aus. Dass der Streitverkündete im Gegenzug dann so „unverdient“ (weitgehend; dazu sogleich) aus der Haftung für seine wissentliche Pflichtverletzung (auch im Sinne der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung) genommen wird, ist für den Senat kein tragfähiges Gegenargument, vielmehr nur logische Folge der zu (a) genannten dogmatischen Herleitung der Schädlichkeit eines Zuwartens.
(c) Indes ist hier – wie im Hinweis des Senats ausgeführt, an dem insofern festgehalten wird – von Seiten des Klägers nicht ausreichend zur eigenen Entlastung vorgetragen worden. Es fehlen nähere Angaben dazu, wie lange der Kläger hier schutzwürdig auf die (die Verzögerung sicher zunächst verursachenden und so das Zuwarten des Mandanten zurechenbar auslösenden) falschen Versprechungen des Streitverkündete hatte vertrauen dürfen. Dazu hätte der Kläger – zumindest im Zuge der sekundären Darlegungslast – detaillierter vortragen müssen, wann der Anwalt mit der Klageerhebung betraut wurde, wann wie nachgefragt worden ist und welche Auskünfte gegeben wurden. Der Senat verkennt nicht, dass Auslöser dieser Verzögerungen auch hier wieder zunächst nur die (abstrakt nicht „zuzurechnende“) anwaltliche Fehlberatung war; diese wurde im weiteren Verlauf aber dann auch zu einer eigenen Obliegenheitsverletzung des Klägers im Verhältnis zu den Beklagten mit Potential für einen Rückschluss auf das Ausgleichsbedürfnis, da die widerspruchslose Hinnahme endloser Zeitabläufe und Vertröstungen gleichsam ein Licht darauf wirft, welche geringe Bedeutung der Betroffene der unrichtigen Darstellung für seine Person beigemessen haben muss. Im Verhältnis zum Streitverkündeten – der auch dieses Zuwarten primär ausgelöst hat durch seine Falschauskünfte – wird dies dann unter dem Gesichtspunkt des § 254 BGB zu würdigen sein; im Verhältnis zu den Beklagten wird es zu einem Abwägungsfaktor.
Der durch das Zuwarten entstandene Eindruck ist dabei jedoch keinesfalls so, dass er allein – also ohne „Anwaltszurechnung“ – die Erforderlichkeit eines Ausgleichs in Geld gänzlich in Wegfall bringen würde. Immerhin wurde auf Betreiben des Klägers am 30.07.2016 recht zeitnah abgemahnt und dabei bereits eine Geldentschädigung geltend gemacht (Anlage K 5, AH); auch wurde sodann zeitnah ein entsprechender Klageauftrag erteilt. Zwar wurde das Thema dann – hat sicherlich auch die verweigerte Handaktenherausgabe durch den Streitverkündeten die Sache am Ende nochmals verzögert – von Klägerseite zu lange nicht ausreichend stringent weiterverfolgt. Länger als 3-6 Monate hätte der Kläger – anderes ist nicht vorgetragen – dabei auch keinesfalls auf die falschen Zusicherungen seines damaligen Anwalts vertrauen dürfen (auch mit Blick auf Gerichtskostenanforderungen); zudem ist auch nach der Abmahnung vom 18.10.2018 (Anlage K 3, AH) und dem Ablauf der dortigen Fristen hin hier nochmals ca. sechs Wochen bis zur Klageerhebung zugewartet worden, obwohl die verzögert herausgegebenen Handakten dafür eigentlich auch nicht benötigt wurden, zumal der Kläger als Mandant sicherlich Abschriften der Abmahnung erhalten hatte.
- cc) Unter Berücksichtigung des Vorgenannten ist der Senat bei der Bemessung der Geldentschädigung dann hier davon ausgegangen, dass – insbesondere wegen des hohen Verbreitungsgrades – ohne ein Zuwarten eine Geldentschädigung bis hin zu den Größenvorstellungen des Klägers, keinesfalls aber darüber hinaus, im Bereich des Möglichen war, aber jedenfalls unter Berücksichtigung seines eigenen zögerlichen Vorgehens, der Tatsache, dass sich die Berichterstattung nicht speziell gegen den Kläger richtete und auch eine Herausnahme des Lichtbildes aus der Online-Berichterstattung erfolgt ist, nur eine Geldentschädigung in tenoriertem Umfang erforderlich, aber auch angemessen war, um die hier erlittene Beeinträchtigung auszugleichen. Mit einer „Zurechnung“ des Anwaltsverschuldens wäre hingegen ein ungleich deutlicherer Abschlag geboten gewesen, der – dies entgegen dem Hinweisbeschluss – aber dann letztlich nicht zum völligen Wegfall des Bedürfnisses geführt hat, sondern wegen der „nur“ ca 13 1/2 monatigen Verzögerung zu einer Einkürzung auf die Hälfte des jeweils austenorierten Betrages geführt hätte (= jeweils 2.500 EUR). Wie aufgezeigt, ist eine solche „Zurechnung“ aber aus Rechtsgründen unmöglich, so dass es beim tenorierten Ergebnis verbleiben konnte.
- d) Daraus ergibt sich folgerichtig auch ein etwas weitergehender Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten (für den zuerst beauftragten Anwalt und die erste Abmahnung vom 30.07.2016). Soweit dort zudem auch Richtigstellungsansprüche verlangt worden sind, ist dies im Klagebegehren ausweislich S. 13 der Klageschrift ausgeklammert und die Berechtigung auch dieses Verlangens somit hier nicht zu prüfen (auch mit Blick auf BGH v. 14.01.2016 – I ZR 61/14, GRUR 2016, 516 Rn. 45). Bei der Berechnung waren sodann allein die Gegenstandswerte betragsmäßig auf den korrekten und berechtigten Anteil der Forderung anzupassen (in Anlehnung an BGH v. 07.07.2020 – VI ZB 66/19, BeckRS 2020, 18313 Rn. 9 m.w.N.). Damit war hier mit einem Gegenstandswert von 20.000 EUR für die Unterlassungsansprüche und von 10.000 EUR für die Geldentschädigung zu rechnen, so dass dem Kläger aus einem Gegenstandswert von 30.000 EUR insgesamt 1.358,86 EUR zuzusprechen waren (= 863,00 EUR mal 1,3 zzgl. Pauschale und USt).
- e) Die Zinsansprüche ergaben sich aus §§ 288, 291 BGB.
- Die Kostenentscheidung basiert auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO, eine Anwendung des § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erscheint dem Senat wegen der noch hinreichend deutlichen Abweichung – auch mit Blick auf die Problematik des Zuwartens – nicht angezeigt.
- Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 708 Nr. 10, 711 S. 1 und 2, 709 S. 2 ZPO, wobei der Senat den Geldentschädigungsanspruch in ständiger Rechtsprechung als „vermögensrechtliche Streitigkeit“ ansieht. Hinsichtlich der Zurückweisung der Anschlussberufung greift § 708 Nr. 10 ZPO nicht, weil es insofern nicht um eine „vermögensrechtliche Streitigkeit“ geht; daher bleibt es insofern über § 709 S. 1 ZPO bei der Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Landgerichts.
- Die Revision war nach § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO wegen der grundsätzlichen Bedeutung und der Tatsache, dass die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, hinsichtlich der Geldentschädigungsansprüche zuzulassen, weil es dabei um die Fragen einer Behandlung eines groben anwaltlichen Fehlverhaltens im Zuge der Gesamtwürdigung und auch der Bemessung einer Geldentschädigung geht und in diesem Bereich bisher allein geklärt sein dürfte, dass ein (eigenes) schuldhaftes Zuwarten des Betroffenen diesem bei der Gesamtwürdigung schädlich sein kann. Da die dabei erörterten Fragen zwangsläufig auf die Berechnungsgrundlagen für den Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten durchschlagen, war folgerichtig auch insofern die Revisionszulassung geboten. Im Übrigen (also wegen der Unterlassungsansprüche) liegen die Voraussetzungen des § 543 ZPO hingegen nicht vor: Auf die – in der höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Tat bisher kaum beleuchtete – Vorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG kommt es aus oben genannten Gründen im konkreten Fall nicht an; die allein maßgebliche Anwendung (jedenfalls) des § 23 Abs. 2 KUG ist hingegen nur eine Anwendung der gesicherten höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einzelfall. Zudem dürfte es ohnehin auch selbst zu § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG wohl zu Recht allgemeiner Ansicht entsprechen, dass Bilder von “Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen” nur solche sind, die Vorgänge zeigen, bei denen die Teilnehmer einen kollektiven Willen besitzen, gemeinsam teilzunehmen (statt aller BeckOK Informations- und Medienrecht/Herrmann, Ed. 28, § 23 Rn. 23; BeckOK Urheberrecht/Engels, Ed. 28, § 23 Rn. 15 m.w.N.); ein solcher Fall liegt hier – wie das Landgericht zutreffend erkannt hat – mit Blick auf den Kläger aber gerade nicht vor. Daher liegt – anders als die Beklagten meinen – auch gerade nicht nur eine “repräsentative Abbildung einer Menschenansammlung” vor, der Kläger ist in dieser Ansammlung ein “Fremdkörper” – was gerade das Problem der streitgegenständlichen Berichterstattungen und der damit verbundenen unwahren Sachaussage ist.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 35.000 EUR (15.000 Berufung Geldentschädigung + 20.000 Anschlussberufung wegen Unterlassung, im Übrigen wegen vorgerichtlicher Anwaltskosten § 43 GKG)
Fundstellen: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/koeln/j2020/15_U_185_19_Urteil_20200827.html