14. January 2010
CSP RECHTSANWÄLTE DÜSSELDORF - HEY ! ist als Ausdruck der Jugendsprache nicht unterscheidungskräftig
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 31/09
vom
14. Januar 2010
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung Nr. 306 59 490.0
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss des 29. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 4. März 2009 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
I. Die Anmelderin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Ein-tragung der Wortmarke hey! für folgende Waren und Dienstleistungen beantragt:
Klasse 9
Bildträger, nämlich Filme (belichtet) und digitale Bildträger; Tonträger, insbe-sondere MC's; Magnetdatenträger; optische Datenträger, insbesondere CD's und DVD's; Videospiele als Zusatzgeräte für Fernsehapparate; Videospiele (Software);
Klasse 16
Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Fotografien, Schreibwaren;
Klasse 25
Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen;
Klasse 28
Spiele, Spielzeug, insbesondere Spielfiguren, Brettspiele, Puzzles; Spiele, elek-tronische (einschließlich Videospiele), ausgenommen als Zusatzgeräte für Fern-sehapparate; Spielkarten;
Klasse 41
Film-, Fernseh- und Videofilmproduktionen; Filmverleih;
Klasse 42
Beratung bei der Gestaltung von Homepages und Internetseiten; Design von Homepages und Web-Seiten; Erstellen von Web-Seiten; Gestaltung und Unter-halt von Web-Seiten für Dritte; Handel mit Film-, Fernseh- und Videolizenzen.
Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmel-dung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (BPatG, Beschl. v. 4.3.2009 - 29 W(pat) 65/08, juris).
Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.
II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, der angemeldeten Wortmarke fehle für die genannten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Dazu hat es ausgeführt:
Das Markenwort "hey" sei ein gebräuchliches Wort, das der Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstehe. Der Ausdruck
komme besonders häufig in der Jugendsprache vor. Er habe verschiedene Bedeutungen, ohne dass es sich um eine unterscheidungskräftige Angabe hande-le. Der Verkehr werde in dem Markenwort auch zusammen mit dem Ausrufe-zeichen kein Mittel zur betrieblichen Herkunftsindividualisierung sehen, sondern nur eine allgemeine Kundenansprache, eine Grußformel oder einen Zuruf, der die Aufmerksamkeit des Publikums auf die beanspruchten Waren und Dienst-leistungen lenken solle und wie eine werbliche Anpreisung wirke. Zudem sei zu berücksichtigen, dass gerade bei Werbeaussagen allgemeiner Art, die weder eine Ware oder Dienstleistung beschrieben noch einen im Vordergrund stehen-den beschreibenden Aussagegehalt aufwiesen, gleichwohl ein schützenswertes Interesse an deren freier Verfügbarkeit im Wettbewerb bestehe. Dies könne auch für einen allgemein verwendeten Zuruf oder eine gebräuchliche Grußfor-mel wie vorliegend "hey" nicht in Abrede gestellt werden. Auch der Umstand, dass es sich bei der angemeldeten Marke um einen Werktitel handele, begrün-de keine markenrechtliche Schutzfähigkeit.
III. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
Das Bundespatentgericht hat rechtsfehlerfrei das Eintragungshindernis des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) bejaht.
1. Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungs-mittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleis-tungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. BGHZ 167, 278 Tz. 18 - FUSSBALL WM 2006; Beschl. v. 24.4.2008 - I ZB 21/06, GRUR 2008, 1093 Tz. 13 = WRP 2008, 1428 - Marlene-Dietrich-Bildnis). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu ge-währleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintra-gungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhinder-nis zu überwinden (BGH, Beschl. v. 4.12.2008 - I ZB 48/08, GRUR 2009, 778 Tz. 11 = WRP 2009, 813 - Willkommen im Leben; Beschl. v. 15.1.2009 - I ZB 30/06, GRUR 2009, 411 Tz. 8 = WRP 2009, 439 - STREETBALL).
2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Bundespatentgericht ausgegan-gen und hat angenommen, das angemeldete Zeichen sei ein gebräuchliches Wort der Umgangssprache. Es sei ein Zuruf, mit dem man die Aufmerksamkeit einer anderen Person zu erregen suche. Es sei weiter ein Ausruf, der Erstaunen, Empörung, Abwehr und Ähnliches ausdrücke. Zudem werde es vielfach als Grußformel verwendet. Der Verkehr werde es deshalb nur mit diesen Be-deutungsinhalten erfassen und als Kundenansprache, Grußformel oder Zuruf ansehen, der die Aufmerksamkeit des Publikums auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen lenken solle. An derartige Aufforderungen sei der Verkehr gewöhnt und werte sie im Zusammenhang mit den angebotenen Waren und Dienstleistungen nur als Versuch, ein freundliches Klima zu schaffen, die Ab-nahmebereitschaft zu wecken und damit als werbliche Anpreisung zu dienen.
3. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg mit der Rü-ge, das Bundespatentgericht habe verkannt, dass das Zeichen über eine das reine Wortverständnis hinausgehende Aussage verfüge. Diese liege darin, dass der Verkehr das Wort "hey" als schlagwortartige Aussage verstehe, die seine Aufmerksamkeit wecken und auf die derart gekennzeichneten Waren lenken solle, um den Kaufentschluss hervorzurufen. Die Aussage des Markenworts sei kurz, einprägsam und werbewirksam, was indiziell für die Unterscheidungskraft spreche.
4. Das Bundespatentgericht hat aufgrund einer Reihe von Beispielen die Bedeutung des Wortes "hey" als Zuruf, Ausruf und Grußformel in dem von ihm angenommenen Sinn festgestellt. Daraus hat es zu Recht gefolgert, dass der Verkehr das Markenwort nicht als Unterscheidungsmittel, sondern nur als An-preisung oder Werbeaussage allgemeiner Art auffasst (vgl. BGH, Beschl. v. 22.1.2009 - I ZB 34/08, GRUR 2009, 949 Tz. 27 = WRP 2009, 963 - My World). Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, dass die vom Bundespatentge-richt angeführten Beispiele häufig die Verwendung des Wortes "hey" in der Ju-gendsprache belegen. Daraus ergibt sich nicht, dass das Markenwort vom Durchschnittsverbraucher nicht ausschließlich in dem vom Bundespatentgericht dargestellten Sinn verstanden wird. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, kommt es für die Beurteilung des Schutzhindernisses mangelnder Unterschei-dungskraft nicht darauf an, ob sich eine Verwendung des Markenwortes in der Werbung nachweisen lässt (vgl. EuGH, Urt. v. 21.10.2004 - C-64/02, Slg. 2004, I-10031 = GRUR 2004, 1027 Tz. 46 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).
Unterscheidungskraft erlangt das Markenwort "hey" auch nicht durch eine gewisse inhaltliche Unschärfe. Zwar kann die Mehrdeutigkeit und Interpretati-onsbedürftigkeit einer Aussage ein Anhalt für eine hinreichende Unterschei-dungskraft sein. Im vorliegenden Fall erlangt das Wort aufgrund unterschiedli-cher Interpretationsmöglichkeiten aber keine auch nur geringe Unterschei-dungskraft, weil sämtliche Bedeutungen im Sinne eines Zurufs, eines Ausrufs oder einer Grußformel sich auf ohne weiteres verständliche Aussagen be-schränken.
Zu Recht ist das Bundespatentgericht auch davon ausgegangen, dass aus der Funktion des Markenwortes als Werktitel nicht die Eignung folgt, als Unterscheidungsmittel der Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu wirken. Die Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG beurteilt sich nach markenrechtlichen Grundsätzen und nicht nach den geringeren An-forderungen für Werktitel (BGH GRUR 2009, 949 Tz. 17 - My World).
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 04.03.2009 - 29 W(pat) 65/08 -
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