26. February 2009
CSP RECHTSANWÄLTE Czeckay & Partner - Medienanwälte Düsseldorf, Verwertungsrechte, Nutzungsrechte

BUNDESGERICHTSHOF URTEIL

 I ZR 155/07

vom 26. Februar 2009

 

Tenor:

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in dem bis zum 5. Februar 2009 Schriftsätze eingereicht werden konnten, durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 24. August 2007 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um das Recht zur Bearbeitung des von dem Beklagten verfassten und von der Deutschen Sparkassen Verlags GmbH verlegten Werkes mit dem Titel „Steuerberater- und Wirtschaftsprüfer-Jahrbuch“.

Die Klägerinnen haben zuletzt beantragt festzustellen,

1. dass dem Beklagten an dem vom Deutschen Sparkassenverlag unter dem Titel „Steuerberater- und Wirtschaftsprüfer-Jahrbuch“ verlegten Werk keine urheberrechtlichen Nutzungs- und/oder Verwertungsrechte zustehen und der Beklagte damit weder berechtigt noch verpflichtet ist, dieses Werk in Zukunft zu bearbeiten und/oder an der Überarbeitung des Werkes mitzuwirken;

2. dass die Klägerin zu 2 berechtigt war, die Neuauflage für das Jahr 2007 zu verfassen und auf der Grundlage des Vertrages mit der Deutschen Sparkassenverlag GmbH auf dem Markt anzubieten und zu verbreiten.
Das Landgericht hat der Feststellungsklage in der Fassung der ursprünglich gestellten Anträge stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung nach Maßgabe der zuletzt formulierten Anträge zurückgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerinnen beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Das Recht zur Bearbeitung des Jahrbuchs stehe nicht mehr dem Beklagten, sondern der Klägerin zu 2 zu. Der Beklagte habe über den größten Teil seiner urheberrechtlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Werk bereits mit Abschluss des Verlagsvertrages zu Gunsten des Verlages verfügt. Verblieben seien ihm nach § 7 des Verlagsvertrages das Recht und die Pflicht zur jährlichen Überarbeitung des Werkes. Seinen mit jeder Neubearbeitung fälligen Honoraranspruch habe der Beklagte im Jahre 1995 an die Klägerin zu 2 abgetreten. Die zur Übertragung des Bearbeitungsrechts erforderliche dreiseitige Vereinbarung der Parteien und des Verlages sei getroffen worden, als Mitte 2005 der Beklagte und die durch ihren Geschäftsführer Dr. N. vertretene Klägerin zu 2 sich mit dem Verlag darauf geeinigt hätten, dass die Bearbeitung des Jahrbuchs nunmehr in die Verantwortung der Klägerin zu 2 und ihres Geschäftsführers übergehen solle.

Eine bindende Einigung der Parteien mit dem Verlag hinsichtlich der Übertragung des Bearbeitungsrechts ergebe sich aus den mit Tatbestandswirkung (§ 314 ZPO) getroffenen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts, wonach der Beklagte - von seinem schriftsätzlichen Vorbringen abweichend - in der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugestanden habe (§ 288 ZPO), es habe Einigkeit bestanden, dass Dr. N. die Fortführung des Werkes übernehmen solle; auch der Sparkassenverlag sei damit einverstanden gewesen und habe keine Einwände gegen die im Schreiben vom 6. Juli 2005 vorgeschlagene Vereinbarung gehabt, wenn das Werk weiter nach dem ersten Verfasser „Knief“ genannt werden dürfe. Dieses Geständnis habe der Beklagte im Berufungsverfahren nicht wirksam mit der Erklärung widerrufen (§ 290 ZPO), sein Vorbringen in der mündlichen Verhandlung anders - nämlich als Zugeständnis einer bloßen Absichtserklärung ohne bindende Wirkung - verstanden zu haben.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg.

1. Die Revision rügt mit Recht, dass die Annahme des Berufungsgerichts, die zur Übertragung des Bearbeitungsrechts erforderliche dreiseitige Vereinbarung der Parteien und des Verlages stehe aufgrund eines entsprechenden Geständnisses des Beklagten fest, keine Grundlage im Prozessrecht hat. Einer Erklärung, die eine Partei bei ihrer persönlichen Anhörung gemäß § 137 Abs. 4 ZPO oder § 141 ZPO in der mündlichen Verhandlung abgibt, kann nicht die Wirkung eines Geständnisses beigemessen werden (BGH, Urt. v. 7.2.2006 - VI ZR 20/05, NJW-RR 2006, 672, 673; OLG Hamm NJW-RR 1997, 999; a.A. OLG Brandenburg OLG-Rep 1997, 326, 327). Eine solche Erklärung hat keine weiterreichende Wirkung als eine Parteierklärung bei einer Parteivernehmung gemäß § 445 ZPO, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht als Geständnis gewertet werden kann (BGHZ 129, 108, 109 ff.). Darüber hinaus kann in einem Verfahren mit Anwaltszwang die nicht postulationsfähige Partei - wie hier der Beklagte - kein wirksames Geständnis abgeben; jedenfalls wäre eine derartige Erklärung einer Partei, soweit sie von den Erklärungen des Prozessbevollmächtigen abweicht, vom Gericht frei zu würdigen (BGH NJW-RR 2006, 672, 673 m.w.N.).

2. Das Berufungsgericht hat bei seiner Bewertung der Erklärung des Beklagten als Geständnis zudem das im Urteil des Landgerichts festgehaltene Vorbringen des Beklagten nicht umfassend gewürdigt. In den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils ist die vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung in unterschiedlichen Formulierungen zusammenfassend wiedergegeben. Eine dieser Formulierungen lautet: „der Beklagte selbst hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass Einigkeit bestanden habe, dass Herr Dr. N. die Bearbeitung des Werkes übernehmen solle und dass der Sparkassenverlag damit einverstanden war. Dies bestätigt das vorliegende Schreiben vom 6. Juli 2005, in dem genau diese Vereinbarung vorgeschlagen wird“. Die Revision macht zutreffend geltend, dass das Berufungsgericht sich nicht damit auseinandergesetzt hat, dass die Formulierung, Herr Dr. N. „solle“ die Bearbeitung dieses Werkes übernehmen und diese Vereinbarung werde in dem Schreiben „vorgeschlagen“, die Möglichkeit offenlässt, dass der Beklagte - wie er behauptet - in der mündlichen Verhandlung lediglich von einer beabsichtigten, nicht aber von einer bereits abgeschlossenen Vereinbarung gesprochen hat.

3. Die rechtsfehlerhafte Bewertung der Erklärung des Beklagten als Geständnis im Sinne des § 288 ZPO hat dazu geführt, dass das Berufungsgericht sich den Weg zu der nach § 286 ZPO gebotenen freien Beweiswürdigung versperrt hat. Da zugestandene Tatsachen nach § 288 Abs. 1 ZPO keines Beweises bedürfen, hat es davon abgesehen, gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob die in dem Urteil des Landgerichts gemäß § 314 ZPO beweiskräftig festgehaltene tatsächliche Behauptung des Beklagten für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Es hat deshalb insbesondere, wie die Revision zutreffend geltend macht, nicht gewürdigt, dass der Beklagte die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerinnen (GA 4), in einem Gespräch mit dem Verlag am 10. Mai 2005 sei vereinbart worden, dass Dr. N. die Verantwortung für das Jahrbuch übernehmen solle, stets bestritten und unter Beweisantritt vorgetragen hat (GA 55, 243, 282, 313), eine dreiseitige Vereinbarung hinsichtlich der Übertragung des Bearbeitungsrechts auf Dr. N. sei nicht getroffen worden.

III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 04.10.2006 - 28 O 239/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 24.08.2007 - 6 U 213/06 -

 

 

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