27. March 2020
Coronavirus - Was können Vermieter tun, wenn Mieter ihre Miete nicht mehr zahlen ?

Im Moment herrscht weltweit wegen des neuartigen Virus COVID-19 große Aufregung. Die Bundesregierung reagiert mit Kurzarbeitergeld, Steuerstundungen und sogar mit Ausnahmegesetzen. Am 25. März 2020 hat der Bundestag nun die Einführung eines neuen Artikels 240 EGBGB beschlossen (sogar die FDP hat „aus staatlicher Verantwortung“ dem Gesetzesentwurf zugestimmt), der da lautet (Drucksache 19/18110 – http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/181/1918110.pdf):

„Artikel 5

 „Artikel 240 Vertragsrechtliche Regelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie

§ 1 Moratorium

(...)

§ 2 Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen

 (1)Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.

(2)Von Absatz 1 kann nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden.Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt.

(3)Die Absätze 1 und 2 sind auf Pachtverhältnisse entsprechend anzuwenden.

(4)Die Absätze 1 bis 3 sind nur bis zum 30. Juni 2022 anzuwenden.

§ 4 Verordnungsermächtigung

 (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates(...)

2. .die in § 2 Absatz 1 und 3 enthaltene Kündigungsbeschränkung auf Zahlungsrückstände zu erstrecken, die im Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis längstens zum 30. September 2020 entstanden sind, (...)

Artikel 6

(...)

(5)Artikel 5 tritt am 1. April 2020 in Kraft.

Was bedeutet das für Vermieter/Mieter?

Es ist zu befürchten, dass sich Mieter nach Einführung dieses neuartigen Gesetzes nun dazu entschließen, ihre Mietzahlung einfach einzustellen, da ihnen scheinbar keine Konsequenzen drohen. Eine Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzuges in der Zeit 01. April bis 30. Juni 2020 wird vom Gesetzgeber bis Juni 2022 ausgeschlossen. 

Jetzt könnte man fast glauben, es handelt sich bei dieser Regelung um einen schlechten Aprilscherz. Viele Vermieter haben laufende Kreditverpflichtungen, Handwerkerrechnungen zur vom Gesetzgeber erwünschten energetischen Sanierung zu zahlen oder bestreiten schlicht ihren Lebensunterhalt aus Mieteinnahmen. Vermietern droht also der Wegfall von bis zu 6 Monaten Mieteinnahmen. Das kann schwere wirtschaftliche Folgen bis hin zum Verlust der eigenen Immobilie, also der Altersabsicherung bedeuten. Die wirtschaftlichen Folgen werden damit lediglich verlagert.

Es ist leider davon auszugehen, dass Mieter ihre so aufgelaufenen Mietschulden nicht oder nicht vollständig zum Ausgleich bringen können. Wo sollen die Mieter auch Geld für eine halbe Jahresmiete in Krisenzeiten wie diesen hernehmen? Bis 2022 sind die Mieter vor einer Kündigung geschützt. In nicht wenigen Fällen werden die Mieter in diesem Zeitraum ausziehen und nur ihre Mietschulden zurücklassen.

Kann ich jetzt meine Mietzahlung bis Juni/September 2020 einfach einstellen?

Mieter sollten sich aber nicht zu sicher fühlen, denn die Stundungsregelungen des Artikel 240 EGBGB § 1 Abs. 1 und Abs. 2 gelten gem. § 1 Abs. 4 Nr. 1 nicht für Miet- und Pachtverhältnisse. Ergo kann der Mieter sehr wohl für den Verzugsschaden, wie Verzugszinsen und Rechtsverfolgungskosten, z. B. Kosten eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung der säumigen Mieten, herangezogen werden. Mieter müssen also, wenn sie die Mietzahlung einstellen, mit nicht unerheblichen Zusatzkosten rechnen.

Darüber hinaus muss der Mieter darlegen und glaubhaft machen – ggf. durch eidesstattliche Versicherung – dass er allein aufgrund finanzieller Einbußen durch die COVID-19-Pandemie außerstande ist seinen Mietzahlungspflichten nachzukommen.

Auch dieser Nachweis wird für den Mieter nicht immer einfach sein, da er natürlich auch verpflichtet ist, sein Erspartes für die Miete zunächst einzusetzen. Hier gibt es keine Freibeträge oder ähnliches. Der Mieter muss alle ihm zur Verfügung stehenden Finanzmittel ausgeschöpft haben, um in den Genuss des gesetzlichen Kündigungsschutzes zu gelangen.

Wie können sich Vermieter gegen die Einstellung der Mietzahlung wehren?

Wir empfehlen dringend, umgehendes und konsequentes Einschreiten. Es ist zu empfehlen, den Mieter unmittelbar durch einen Rechtsanwalt zur Zahlung anzuhalten. Bei fortgesetzter Nichtzahlung kann der Vermieter in Erwägung ziehen, seine berechtigten Forderungen zunächst mit der vom Mieter gem § 551 Abs.1 Satz 1 BGB hinterlegten Mietsicherheit zu verrechnen.

Die Rechtsprechung lässt eine Verrechnung mit der Kaution während des Mietverhältnisses allerdings nur bei unstreitigen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen des Vermieters zu (Palandt Einf. zu § 535 Rn. 123). Hier dürfte wohl die Variante „unstreitige Forderung“ erfüllt sein. Der Vermieter kann den Mieter dann auf „Wiederauffüllung“ der Mietsicherheit bis zur vereinbarten Höhe in Anspruch nehmen, notfalls auch verklagen. Kommt der Mieter dieser Pflicht nicht nach, wird man ihm wohl mit Rücksicht auf Artikel 240 EGBGB nicht kündigen können, das wäre ansonsten eine Umgehung des gesetzgeberischen Willens. Aufschluss werden aber erst zukünftige Gerichtsurteile darüber geben können.

Ist das gesetzliche Kündigungsverbot nach Artikel 240 EGBGB rechtmäßig?

Auch das werden erst die mit der Regelung befassten Gerichte klären können. Durchaus kann man sich die berechtigte Frage stellen, ob es sich bei der Regelung um ein zulasten nur einer Bevölkerungsgruppe, hier des Vermieters, ergangenes Einzelfallgesetz handelt. Aber wie heißt es so schön, Eigentum berechtigt und verpflichtet zugleich (Art. 14 GG). 

Die „reichen“ Vermieter können doch für Klimawandel, Schönheitsreparaturen und Covid-19-Pandemie ruhig zahlen, oder etwa nicht? Vielleicht verlagert der Gesetzgeber aber auch ein gesamtgesellschaftliches Problem unzulässig auf die Schultern nur einer Bevölkerungsgruppe? Klar ist, dass die Mieter ihre angesammelten Mietschulden auch in Zukunft nur sehr schwer zahlen werden können. Die Krise verlangt von allen Solidarität, auch von Mietern.